Ich kann mich gut an den Tag erinnern, als ich Shoreline das erste Mal live erlebt habe. Das war Ende Januar 2018, mitten in der Woche und es hat ziemlich gekübelt – also beileibe nicht die besten Voraussetzungen für eine gut besuchte Show. Daran konnte an diesem Tag auch leider der Headliner Great Collapse nicht viel ändern, was wirklich bedauerlich war. Im Interview mit Tommy haben Shoreline diesen Umstand aber mit Humor genommen.

Nun steht mit „Eat My Soul“ endlich der erste Longplayer der Münsteraner in den Startlöchern, und an dieser Stelle kann ich eins vorweg sagen: Der pragmatische Humor und die Geduld (sowohl der Band als auch der Fans) haben sich gelohnt. War ich von ihrer letzten EP „You Used To Be A Safe Place” schon regelrecht geflasht, setzt sich dieser Umstand mit dem Album nahtlos fort. Schon der Opener „Andre The Giant“ zeigt deutlich, dass die Jungs ihren musikalischen Kompass immer noch auf Midtempo- und Pop Punk ausgerichtet haben. Soll heißen: Title Fight, The Flatliners und The Menzingers wären hellauf begeistert von der Platte. Ein kleines Novum ist allerdings, dass Shoreline stellenweise deutlich mehr Melodie und sanfte Parts zulassen, gerade in der ersten Hälfte der Platte. Auch wenn das mit Blick auf ihre letzte EP vielleicht erstmal etwas gewöhnungsbedürftig ist, funktioniert dieses kleine Experiment wunderbar, zumal die zweite Hälfte beispielsweise mit „Vanish“ und „Two Floors Beneath“ deutlich punkigere Stücke am Start hat und nicht nur Fans eine wohlige Gänsehaut auf die Pelle zaubert. Gerade letzteres will ich unbedingt als Anspieltipp verstanden wissen!

„Eat My Soul“ kommt eine ganze Ecke emotionaler und ruhiger als „You Used To Be A Safe Place“ daher, was nicht zuletzt dem Umstand geschuldet sein dürfte, dass die Songs überwiegend auf Tour entstanden sind – was diese nicht musikalisch, sondern textlich so nachvollziehbar macht. Spätestens jetzt sollten die Anstrengungen der Band endlich honoriert werden. Immerhin haben Shoreline mit „Eat My Soul“ ein Ausnahmealbum hingelegt, dessen Versiertheit ich angesichts des jungen Alters der Band vermutlich noch lange bewundern werde. Volle Punktzahl.

[Uncle M 2019]