Auf den Abend des 31. Januar hatte ich mich schon eine ganze Weile gefreut. Great Collapse, DIE Melodic Hardcore-Supergroup schlechthin, machte auf ihrer ausgedehnten Europa-Tour in Berlin Halt und hatte sogar noch Shoreline, ein neuer Punk-Hoffnungsträger aus Münster, im Gepäck. Nicht einmal der Umstand, dass sämtliche Freund*innen mein Angebot für dieses Konzert ausgeschlagen hatten, konnte mir die Laune verderben. Also ab zum Badehaus auf dem RAW-Gelände in Berlin, welches mit seiner hohen Club- und Venue-Dichte schon lange ein zentraler Anlaufpunkt diverser (sub)kultureller Veranstaltungen ist. Neben dem Cassiopeia mag ich das Badehaus in jeglicher Hinsicht besonders gerne. Was könnte da schief gehen?

Gleich zu Beginn ein Dämpfer: Das Badehaus ist auch zum angekündigten Konzertbeginn ab 20 Uhr erstaunlich leer, was mir angesichts des Bekanntheitsgrads des Haupt-Acts ziemlich verwundert. Ein entsprechend schweres Los haben daher Shoreline als Vorband: Obwohl die Münsteraner gleich zu Beginn mit ihrem melodischen Mid-Tempo Punk in die Vollen gehen, tummeln sich nicht viel mehr als zwei Dutzend Leute vor der Bühne. Schade, denn gerade Shoreline hätten wirklich mehr Aufmerksamkeit verdient gehabt. Umso erfreulicher, dass sich die junge Band von diesem Umstand nicht beirren lässt und gerade mit ihren letzten Songs noch einige Leute zum Tanzen mobilisieren kann. Ein würdiger Einstieg einer Band, die viel Leidenschaft in ihre Songs steckt. Schade nur, dass nicht mehr Leute in diesen Genuss gekommen sind. Daher ein dringender Appell an alle Berliner*innen: Ihr habt am 8. März nochmal die Chance, die Jungs live und in Farbe zu sehen. Also hin da, verdammte Axt!

In der kurzen Pause zwischen den Sets wird schnell klar, wie die Prioritäten der anwesenden Besucher*innen gelagert sind. Trotzdem ist der Konzertraum im Badehaus höchstens halb voll. Doch auch die US-Punker von Great Collapse lassen sich davon nicht beeindrucken und legen mit „A Tale of Two Cities“, dem Opener ihres neuen Albums „Neither Washington Nor Moscow…Again!“ ordentlich los. Das Publikum weiß also gleich, wohin die Reise geht und behält bis zum Ende des Auftritts ihre Bewegungslaune. Fein. Mit von der Partie ist natürlich auch der obligatorische Druffi, der schon so drüber ist, dass er grenzenlos ausrastet und bei den schnellen Songs wahlweise im Pit tanzt oder gegen die Wand des Raumes schlägt. Bis zum Ende bin ich mir nicht ganz sicher, ob ich das leidenschaftlich oder eher peinlich finden soll. Sei’s drum, denn das, was die Combo um Strike Anywhere-Shouter Thomas Barnett da zelebriert, ist eine wahre Freude. Und letzterer wäre nicht er, wenn er nicht die Songs durch politische Zwischenansagen einbetten würde. Gerade bei Songs wie „Meltdown!“ oder „Southern Exorcism“ mag dieser Input durchaus fördernd auf die Tanzwut der Menschen wirken. Schwerpunkt des Sets sind eindeutig die neuen Songs, aber auch ältere Stücke finden Anklang beim Publikum.

Nach einer guten Stunde ist das Spektakel leider schon vorbei. Und wie ich eben so bin, gehe ich auch dieses Mal nicht nur mit der Erinnerung an ein schönes Konzert nach Hause. Ich belohne mich mit einer wirklich geilen Vinyl-Version der Shoreline-EP „You Used To Be A Safe Place“, muss diese auf dem Heimweg aber entschlossen gegen den fiesen Regen verteidigen. Jedenfalls kann ich nun meinen Freund*innen gleich doppelt unter die Nase reiben, was ihnen entgangen ist.