Dass Post Punk nach Hamburger Art immer noch was zu melden hat, haben mir einige Releases aus dem Hause Rookie Records und Kidnap Music bewiesen. An dieser Stelle seien vor allem Leto und Lygo genannt, was jetzt phonetisch ein bisschen nach den Fix und Foxi des Post Punk klingt. Vorbilder gibt’s in diesem Genre ja bei weitem genug, aber dennoch scheint dieses erstaunlich ergiebig und bei weitem nicht so repetetiv zu sein wie so manch andere Sparte.

An dieser Stelle könnte ich es kurz machen und sagen: Keele, eine fünfköpfige Band aus dem Raum Hamburg, halten auch auf ihrem zweiten Longplayer „Kalte Wände“ den hansestädtischen Post Punk nicht nur hoch, sondern machen das ziemlich gut. Warum? Die Band klingt unglaublich vertraut, schafft es aber dennoch, ihrer Musik eine eigene Note zu verleihen. Daran hat vor allem die angenehme und zugleich treibende Stimme ihres Sängers Fabian einen großen Anteil. Es ist aber nicht nur der Klang seiner Stimme, sondern vor allem die Texte und deren Grundstimmung, die sich in Keeles Musik ausdrückt: Unsicherheit, irgendwie pragmatisch und abgeklärt, aber in den entscheidenden Momenten wieder erstaunlich hoffnungsvoll und kampfbereit. Mit der bereits erwähnten Ansiedlung in Post Punk-Gefilden ist diese Haltung also mehr als treffend untermalt und verleitet wieder und wieder dazu, den „Play“-Knopf zu drücken. Anspieltipps: der Titeltrack „Kalte Wände“ und „Hypertonie“.

Auch wenn mein Urteil jetzt auf Kosten einer anderen Band geht, weiß ich nicht, wie ich es besser ausdrücken soll: Wo Marathonmann mit ihrer aktuellen Platte „Die Angst sitzt neben dir“ in meinen Augen zumindest in musikalischer Hinsicht gescheitert sind, beweisen Keele wie so viele Vorgänger ihrer musikalischen Nische, dass verkopfte und emotionale Punk-Spielarten noch eine lange Zukunft haben. „Kalte Wände“ ist nun definitiv ein kleiner Genre-Maßstab, vor allem aber für Keele selbst. Soll heißen: Ich freue mich jetzt schon auf Album drei!

[Rookie Records 2019]