Immer wenn ich denke, dass ein Genre übersättigt sei, belehrt mich die eine oder andere Band auf angenehme Weise eines Besseren. Leto ist so eine Band. Man könnte meinen, wir hätten genug Punk-Bands mit Indie- und Emo-Einschlag gehört, aber Leto sehen das anders. Irgendwo zwischen Turbostaat, Captain Planet, Muff Potter, Donots und den Love A ist noch ein bisschen Platz, wo es sich festzuzecken lohnt. Nach der Veröffentlichung ihrer EP „Leto“ im letzten Jahr wollen uns die Hamburger mit ihrem neuen Album „Vor die Hunde“ genau von diesem Umstand überzeugen. Und scheiße ja, sie haben recht. Sie erfüllen nicht nur den Status Quo ihrer Vorbilder, sondern legen noch ein wenig oben drauf. Der Sound ist wunderbar sperrig und doch hymnisch, und genau mit diesen Attributen beschreibt sich die Band auch selbst. Nicht nur musikalisch sind Letos Songs von Widersprüchlichkeiten und deren ironischer Koexistenz geprägt. Auch textlich setzen sich die Jungs mit dem üblichen Alltagsabfuck zwischen persönlicher Standortbestimmung und der Ellenbogenmentalität auseinander („Lego“). In Sachen Verkopftheit braucht man sich also keine Sorgen bei Leto machen. Ein wirklich großartiges Lied ist allerdings „Asymptoten“, nicht zuletzt deshalb, weil hier eine ordentliche Portion Pascow durchklingt.
Wer in Punk-Dschungel die Suche nach einem hervorragend und doch unaufgeregt produziertem Album mit starken Texten schon beinahe aufgegeben hat, sieht mit Letos „Vor die Hunde“ ein Licht am Ende des Tunnels. Ein Licht, das hoffentlich noch eine Weile in diese übersättigte Szene strahlt.
[Rookie Records 2018]