Nathan Gray und Jesse Barnett kündigen eine Split-EP an. Und alle so: „Nicht allzu überraschend, aber auf jeden Fall yeah!“ So in etwa fiel auch meine Reaktion auf die Ankündigung aus, schließlich hatten bereits beide Künstler auf End Hits Records eindrucksvoll bewiesen, dass sie neben ihren eher lauteren Bands Boysetsfire und Stick To Your Guns auch ruhigere Töne anschlagen können. Mit Blick auf die letzten Releases beider Musiker kann man sich also grob vorstellen, wo die Reise(n) auf der Split-EP hingehen.
Und gleich an dieser Stelle muss ich einhaken: Eine Überraschung gibt es sehr wohl, und zwar bei beiden Künstlern. Gute, wohlgemerkt. Aber der Reihe nach. Die erste Hälfte der EP bespielt Boysetsfire-Sänger Nathan Gray und knüpft dabei hinsichtlich Sound hörbar an sein Solo-Debüt „Feral Hymns“ an. Soll heißen: Düster, hymnisch, Gänsehaut. Trotzdem klingen die Songs deutlich wärmer und instrumentell ausgeschmückter als auf dem Vorgänger, was Gray wirklich gut zu Gesicht steht. In starken Momenten erinnert mich seine Musik entfernt an eine poppig-hymnische Mischung aus R.E.M. und Joy Division. Auch wenn der Vergleich hinken mag, fängt er meinen ersten Eindruck auf nach mehrmaligen Hören noch gut ein. Aber am besten einfach selbst antesten!
Für die zweite Hälfte der EP zeichnet sich schließlich Stick To Your Guns-Shouter Jesse Barnett verantwortlich, aber geshoutet wird hier absolut nicht. „Seine“ drei Songs klingen (wenig überraschend) ganz nach Trade Wind, klingen aber genau wie Grays Songs überraschend vielseitig. Die ruhige und extrem sphärische, ja fast träumerische Herangehensweise Barnetts im Kontext von Trade Wind behält der Kalifornier zwar bei, dennoch schafft er es noch stärker als sonst, eine gewisse Unaufgeregtheit und Reduziertheit in die Songs zu packen. Hier dürfte Nick Drake einen nicht unerheblichen Einfluss auf Barnett ausgeübt haben.
Bei einer Split-EP zweier Musiker wie Nathan Gray und Jesse Barnett ist es so ein bisschen (man verzeihe mir den abgedroschenen Vergleich) wie mit der Wahl zwischen Pommes und Pizza: Verkehrt ist beides nie, vielmehr eine Frage der Lust und Laune. Insgesamt gehen mir Barnetts Songs ein bisschen besser rein als Grays, aber das mag so manche*r anders sehen. Findet am besten selbst raus, welcher der beiden Künstler eher Pommes oder Pizza für euch ist. Schon gut, Ende der blöden Vergleiche. You get the idea.
[End Hits Records 2019]