Audiolith scheint ein kleines Faible für osteuropäische Punk-Bands entwickelt zu haben. Man denke nur an die letzten Releases von What We Feel und Mister X. Und ich finde, wir sollten dafür verdammt dankbar sein. Schließlich schauen viele von uns – und hierbei nehme ich mich nicht von der Kritik aus – eher nach Westen, wenn es um musikalische Subkulturen geht. Es ist doch gerade spannend zu beobachten, wie sich Punks und entsprechende Bands in autoritären Staaten organisieren und sich Freiräume erkämpfen.
Eine dieser Bands ist Messed Up aus Weißrussland, die nun ihr Debütalbum „Everything You Believe In“ beim Hamburger Qualitätslabel veröffentlichen. Ja, richtig gelesen, Debüt. Warum das so verwundert? Die Grrrl-Punks aus Grodno gehen trotz ihres jungen Alters ziemlich routiniert zu Werke und liefern eine großartige Platte irgendwo zwischen melodischem Punk Rock und Streetpunk ab. Oder in anderen Worten: eine weißrussische Mischung aus Halbstark, Todeskommando Atomsturm und Inner Conflict. Die elf Songs der Weißrussinnen sind, dem Landeskontext entsprechend, ziemlich politisch gehalten. Kein Wunder, schließlich wird Weißrussland bereits seit Mitte der 90er Jahre quasi-diktatorisch regiert. Entsprechend sind emanzipatorische Personen, Organisationen und Musikkulturen Repressionen ausgesetzt. Dieser Umstand dürfte durchaus erklären, warum Messed Up so angepisst klingen. Neben zehn „bandeigenen“ Songs gibt die Band schließlich noch eine eigenwillige Coverversion des The Stooges-Klassikers „I Wanna Be Your Dog“ zum Besten – was sich wirklich großartig als Abschluss einer starken Punk-Platte macht!
Es ist nicht aus politischer Sicht wichtig, Bands aus Staaten der ehemaligen Sowjetunion zuzuhören. Meistens haben sie auch musikalisch wirklich viel zu bieten, was nicht zuletzt am jeweiligen politischen Klima als Inspiration liegen dürfte. Ich wiederhole also nochmal: „Everything You Believe In“ ist – gerade für ein Debüt – ein wirklich großartiges Stück Punk, das nicht nur Ärsche tritt, sondern dank seiner melodischen Komponente auch eingängig wie Sau ist. Daher hoffe ich inständig, dass die Grrrl-Punks hierzulande, aber auch in Westeuropa, die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdienen. Am besten helft ihr ihnen einfach dabei.
[Audiolith/Fire And Flames Music 2019]