Captain Gips kann auf einen beachtlichen musikalischen Output zurückblicken: So war der Hamburger Rapper Teil der Combo Diebe der Zeit, welche sich allerdings nach einem Demotape und einer EP 2002 auflöste. Doch auch als Solo-Künstler hat der Captain von sich reden gemacht, zuletzt mit dem 2013 erschienenen „20.000 Meilen unter dem Yeah“. Hits wie „Hug Life“ machen bis heute Laune und haben nichts von ihrem Charme verloren. Vielen dürfte der Hamburger in den letzten Jahren zudem als Teil von „Audioliths Lambada-Group“ Neonschwarz ein Begriff sein, die nicht zuletzt aufgrund ihrer unverschämten Eingängigkeit einem größeren Publikum außerhalb der Audiolith-Blase bekannt wurden.
Dass Captain Gips nach der erfolgreichen Zeit mit Neonschwarz nun wieder zeigen möchte, dass er auch alleine noch etwas zu sagen hat, ist in jeder Hinsicht erfreulich. Auch wenn das Release-Datum von „Klar zum Kentern“ auf das gleiche fällt wie „Mausmission“, das neue Album seines Buddys und Neonschwarz-Bandkollegen Johnny Mauser, soll an dieser Stelle die jeweilige Eigenständigkeit der neuen Alben betont werden. Das wird schon bei den ersten beiden Tracks auf „Klar zum Kentern“ deutlich, die zugleich meine Favoriten des Albums sind, eben weil sie so unverwechselbar nach Gips klingen. Mit „Reich und schön“ und „Rotz und Schmutz“ offenbaren sich nicht nur beim bloßen Lesen der Titelnamen Gegensätze, sondern auch in musikalischer Hinsicht. Ein Konzept, welches sich durch das gesamtes Album zieht. „Wahwahwah“ erinnert mich gar an Seeed beziehungsweise Peter Fox. Und wenn jetzt wer meckert, das sei ja nicht mehr zeitgemäß, denn Trap sei ja gerade der heißeste Shit, bekommt mit „Malediven“ genau das geliefert. Überhaupt ist „Klar zum Kentern“ ein sehr facettenreicher Longplayer, dem man in vielen Momenten einen deutlichen Neonschwarz-Einfluss anhört. Kein Wunder allerdings, denn die Beats stammen von Ulliversal, Farhot und Spion Y.
Auch textlich pendelt Captain Gips zwischen zwei Kontrasten: Einerseits muss man nüchtern feststellen, dass die Welt oft genauso beschissen ist, wie sie eben ist. Ausgrenzung, Zwang und Hass sei Dank. Nichtsdestotrotz ist der Captain überzeugt, dass mit Liebe vielleicht doch noch etwas zu retten ist. Und genau in diesem Punkt ist er absolut der alte geblieben. Der lakonische Albumtitel bringt das hervorragend auf den Punkt.
Wenngleich ich den Vorgänger „20.000 Meilen unter dem Yeah“ insgesamt etwas runder und hitlastiger finde, habe ich mich schnell an den Pop Appeal des Nachfolgers gewöhnt, die fette Produktion spricht an dieser Stelle absolut für sich. Soll heißen: Nicht nur Audiolith-Ultras können hier bedenkenlos zugreifen.
[Audiolith 2017]