Während ich diese Review schreibe und dabei „Alles auf Anfang…”, die aktuelle Platte der Plauener Band Crème Brüllé, durch meinen Gehörgang ballert, sitze ich im Zug nach Chemnitz. Zudem sind in Thüringen heute Landtagswahlen, man stellt sich auf erschreckend gute AfD-Ergebnisse ein. Man könnte also sagen: Das Setting für eine wütende sächsische Punk-Band ist perfekt. Normalerweise versuche ich, ostdeutsche Bands nicht immer im Kontext der dortigen politischen Situation zu sehen, bei Crème Brüllé lässt sich das allerdings kaum vermeiden. Schließlich geriet ihre Herkunftsstadt Plauen nicht nur einmal wegen rechtsextremer Vorfälle in die Schlagzeilen – zuletzt wegen des martialischen Aufmarsch der Nazis vom „3. Weg“. Entsprechend können die „Dessertpunx“, wie sich die Band selbst oft nennt, wortwörtlich ein Lied von diesen Zuständen singen – oder eben gleich ein paar, sodass ein Album zustande kommt.

Musikalisch erwartet den/die Hörenden das, was das Wortspiel im Namen schon andeutet: Rotzig-straight runtergeballerter Hardcore-Punk ohne Schnörkel, aber hin und wieder ein paar Streetpunk-Melodien. Irgendwo zwischen 47 Million Dollars und Mister X angesiedelt, lassen Crème Brüllé nichts anbrennen und erfüllen alle Punkte, die man sich von einer jungen, wütenden Punk-Band so wünscht – inklusive politischer Ansagen, die nicht hinter Parolen zurückbleiben. Mit Blick darauf muss „Alles auf Anfang…“ auch gar nicht das Rad neu erfinden. Ich verstehe auch nicht, warum dieser Anspruch bei Punk (zumindest mit Blick auf diverse Musikmagazine) immer wieder zumindest implizit formuliert wird. Anspieltipps auszumachen sind schwer, die Platte ist an sich einfach unglaublich rund. Zumindest textlich spricht mir allerdings „Hardcore X Bollo” absolut aus der Seele.

Wer im großen Meer der (politischen) Punk-Bands auf der Suche nach einer sicheren Nummer ist, aber mit Pop-affinen Ablegern wie ZSK und Radio Havanna nur bedingt etwas anfangen kann, wird mit Crème Brüllé fündig. Spätestens mit „Alles auf Anfang…” hätten es die Jungs mehr als verdient, aus der Geheimtipp-Ecke herauszukommen. Soll heißen: Kaufempfehlung!

[Save The Scene Records/Tofublock Records 2019]