In meiner Besprechung zu „Soli-Inkasso“, dem Duo-Album der Rapper Pöbel MC und Milli Dance, bezeichnete ich Waving The Guns noch als „leicht prolligen Antifa-Rap mit oldschooligen Beats“. Die Beats sind ohne Frage geblieben, den ersten Teil meiner Einschätzung würde ich heute aber ohne Frage revidieren. Damals, und das klingt in meinen Worten deutlich durch, konnte ich mit der Rostocker Rap-Combo nicht wirklich etwas anfangen. Dass sich an diesem Umstand etwas geändert hat, dürfte vor allem daran liegen, dass ich von politischem Rap insgesamt zunehmend die Schnauze voll hatte. Dieser verkam immer mehr zur langweiligen Plattitüde, bei der die Form stets immer nur dem Inhalt folgte. Ob man so etwas noch als Kunst begreifen kann, ist eine andere Frage.

Waving The Guns stellen hierzu allerdings eine wunderbare Antithese dar, das haben Milli Dance und Dub Dilan im Interview mit uns eindeutig klargestellt. Es ist zwar unbestreitbar, dass die Rostocker einen starken politischen Background haben und auf ihrem neuen Album „Das muss eine Demokratie aushalten könne“ noch immer selbstbewusst klare Kante gegen antiemanzipatorische Elendsgestalten zeigen. Allerdings stellen sie diesen nicht permanent in den Vordergrund ihrer Musik. Vielmehr geht es um alltäglichen Mist, der die Musiker umgibt, und da spielt Politik natürlich ohne Frage eine Rolle. Trotzdem finden politische Inhalte eher auf subtile beziehungsweise metaphorische Weise Eingang in die Texte. Untermalt ist das Ganze, wie schon erwähnt, nach wie vor durch oldschoolige Beats, auch sonst ist die Platte nicht nur für Fans eine sichere Nummer. Zwei Dinge fallen trotz der (bewundernswert hohen qualitativen) Stringenz auf: Zum einen lassen Waving The Guns deutlich mehr Melodien in ihren Tracks anklingen und bringen so eine vielseitige Abwechslung zur früher omnipräsenten Battlerap-Attitüde. Letztere ist inklusive hoher Punchline-Dichte selbstverständlich noch immer in ordentlichem Umfang vorhanden, allerdings tritt die ironische Dicke-Hose-Attitüde gerade im Outro der Platte frappierend in den Hintergrund. Hier zeigt sich Milli Dance in bisher ungeahnter Weise unsicher und nahbar, ohne dabei aber seine charakteristische Zuversicht und Selbstsicherheit völlig zu verlieren. In den anderen Songs sind Waving The Guns eben Waving The Guns, das aber mehr als zuvor, obwohl sie sich doch hörbar verändert haben. Ergibt das Sinn?

Lasst es mich so ausdrücken: Das erfrischend undogmatische Grundprinzip, nach dem die Rostocker Combo funktioniert, hat diese auf „Das muss eine Demokratie aushalten können“ konsequent weiterentwickelt und beinahe perfektioniert. Da wieder heranzukommen wird ohne Frage kein leichtes Unterfangen. „Bis zum hoffentlich nächsten Mal“ – Milli Dances beinahe letzten Worte des Album bringen genau diesen Umstand irgendwie auf den Punkt, auch wenn er das sicher anders als ich gemeint haben dürfte. Doch wer sich wie Waving The Guns vor Niemandes Karren spannen lässt, fährt ohne Frage ziemlich gut.

[Audiolith 2019]