Punk mit Oldschool-Faktor hatte mit 2018 ein wirklich gutes Jahr. Davon zeugen jüngste Veröffentlichungen von Band wie beispielsweise Dave Smalley & The Bandoleros oder Sniffing Glue. Diesen Aufwind nutzen auch This Means War, deren Mitglieder bereits in anderen nicht unbekannten Kapellen wie Backfire!, Convict oder Discipline aktiv waren. Bei letzterer wurde ich dann doch hellhörig, schließlich konnte sich die Band aus Eindhoven bis heute nicht glaubhaft von ihrer Kuschelei mit Neonazis distanzieren beziehungsweise versuchte das erst gar nicht.* Der Umstand, dass This Means War auf ihrem neuen Album „Heartstrings“ schließlich noch den The Old Firm Casuals-Hit „Off With Their Heads” covern, verstärkt meine Bauchschmerzen eher noch. Auch bei The Old Firm Casuals waren beziehungsweise sind Kontakte zur Grau- und Braunzone bei gleichzeitiger vordergründiger Verurteilung von Neonazis Standard. Ein dummdreistes Spiel sich abwechselnden Provozierens und Herumopferns, das man sonst eher von Frei.Wild und der AfD kennt.

Eindeutige Textstellen sucht man auf „Heartstrings“ (zum Glück) vergeblich. Und ehrlich gesagt bin ich darüber sehr froh. Schließlich ist das Album des Fünfers wirklich solide, wenn auch manchmal der Szenekitsch etwas Überhand zu nehmen droht. Wie es sich für eine Platte, deren Musiker bereits lange in Punk-, Hardcore- und Oi-Bands gespielt haben, eben so gehört. This Means War geben auf „Heartstrings“ lupenreine Punk-Hymnen mit hoher Singalong-Rate zum Besten und setzen damit voll und ganz auf Eingängigkeit, ohne dabei aber das Wesentliche aus den Augen zu verlieren: Authentizität. An diesem Punkt macht sich musikalische Erfahrung der Bandmitglieder hörbar bezahlt. Für manche*n mag „Heartstrings“ ein wenig zu glatt und kitschig sein, und ich kann das gut nachvollziehen. Nichtsdestotrotz sollte man der Scheibe eine Chance geben, zumindest in musikalischer Hinsicht. Dass die Mitglieder zuvor teilweise in rechtsoffenen Otto-Bands gespielt haben, ist nochmal eine ganz andere Sache, die jede*r für sich bewerten muss.

[Demons Run Amok 2019]

 

* Wer sich eingehender mit der vielfach hochgekochten Debatte um Discipline beschäftigen möchte, sollte unbedingt einen Blick in Ingo Talers Buch „Out of Step. Hardcore-Punk zwischen Rollback und neonazistischer Adaption“ werfen. Hier wird unter anderem anhand der besagten Band exemplarisch gezeigt, welche Scharnierfunktion die sogenannte Grauzone zwischen Mainstream/Subkultur und rechtsextremer Szene einnimmt (S. 137-141 sowie 186 und 283). Trigger-Warnung: Viele Hardcore-Größen kommen in Talers Monographie (zurecht) nicht gut weg.
Weitere Hinweise zur Rechtsoffenheit Disciplines finden sich außerdem auf dem offiziellen Blog zum Buch.