Schon komisch, dass man manche Gespräche oder Diskussionen immer noch führen muss. Dass man nicht mit Nazis redet. Und frischer Koriander das allerletzte ist. Oder eben, dass Emo beziehungsweise Screamo (wenn überhaupt) nur eingeschränkt mit dem Modetrend aus den mittleren 2000ern zu tun hat. Gerade letzteres hält sich bis heute erstaunlich hartnäckig, zumindest bei Leuten außerhalb der eigenen subkulturellen Bezüge. Um das besagte Missverständnis aufzuklären, weise ich (als relativer Genre-Laie) auf bekanntere Bands wie La Dispute oder Touché Amoré hin – und damit hat es sich dann meistens.

Und auch wenn mich in Bezug auf Emo und Konsorten die Sound- und Genreästhetik nicht zu 100% kickt, bin ich über die Qualität und Quantität dieser Sparten immer wieder erstaunt. Erst kürzlich haben mich noch We Too, Will Fade regelrecht umgehauen, gerade weil die Münchner deutlich mehr Hardcore zulassen als andere Genre-Kolleg*innen. Nun gesellt sich mit Shakers und ihrem Debüt „I Need You To Know“ ein weiterer Geheimtipp zu meinem Repertoire – auch wenn die Band aus Wiesbaden ruhiger zu Werke geht als beispielsweise We Too, Will Fade. Shakers verkörpern eher den gehobenen Status Quo des Genres im weitesten Sinne. Soll heißen: Viel Explosions In The Sky, aber noch frappierender ist die Ähnlichkeit zu Touché Amoré. Zur Kopie der besagten Genreklassiker verkommen Shakers aber zu keinem Zeitpunkt. Wer also entweder immer noch einem Emo-Weltbild anhängt, das schon vor fünfzehn Jahren problematisch war, oder aber ein absoluter Genre-Nerd ist, sollte „I Need You To Know“ unbedingt bis zum Get No in den Abspielgeräten laufen lassen. Und an dieser Stelle sei nochmal darauf hingewiesen, dass das besagte Album von Shakers ein Debüt ist! Ein qualitativ so hochwertiges Destillat aus allem Hörenswerten der Sparten Emo und Post-Hardcore – und das von einer so jungen Band – ist in absehbarer Zeit wohl nicht mehr so wahrscheinlich.

[DIY 2020]