Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass mir Matze Rossi zwar namentlich immer ein Begriff war, ihn aber in musikalischer Hinsicht sträflich vernachlässigt habe. Und das, obwohl einige meiner Freund*innen eine besondere Beziehung zu seiner Musik haben. Letzten Januar hatte ich bei einer Show der Donots im Berliner Huxley’s die Gelegenheit, den Ex-Tagtraum-Sänger und -Gitarristen als Vor-Act zu bestaunen. Leider wollte der Funke damals nichts so ganz überspringen, was womöglich an der Größe der Venue lag. Obwohl seine Songs besonders mit Blick auf die Texte wirklich großartig waren, konnte Matze Rossi seine Musik nur bedingt zur Entfaltung bringen. Dieser Umstand war zwar schade, sollte mir nun aber endlich ein Ansporn sein, dem Musiker eine echte Chance zu geben.
Ihr merkt schon, so richtig konsequent war ich leider wieder nicht, schließlich ist seitdem fast ein Jahr vergangen. Ein Glück, dass Uncle M mir vor einigen Tagen das neue Album des Singer-Songwriters in den Briefkasten spülte. Dass es sich bei „Musik ist der wärmste Mantel“ zudem um ein Live-Album handelt, macht es für mich gleich doppelt interessant. Entstanden sind die 16 Aufnahmen des Albums im Rahmen zweier intimer Konzerte Ende September 2018 vor 30 geladenen Gästen, Freund*innen und Bekannten im Audiolodge Studio in Volkach. Eine naheliegende Entscheidung, schließlich ist Inhaber Sven Peks ein guter Freund des Musikers. Zudem spielte er die Songs gemeinsam mit seinem Kumpel Martin Stumpf ein, der den Shows mit Kontrabass, Klavier und E-Gitarre schon fast ein Band-Feeling verleiht. Ach, was heißt hier fast! Nach nur einem Durchgang vermittelt mir „Musik ist der wärmste Mantel“ genau das, was meine Freund*innen mir in puncto Matze Rossi schon immer predigten. Die Atmosphäre ist beinahe greifbar, man fühlt sich beim Hören in eine kleine, muggelige Bar gebeamt, mit warm-schummrigem Licht und einem kalten Bier in der Hand. Die beiden Musiker haben hörbar Spaß, dem Publikum scheint es ähnlich zu gehen. Wenn ich dessen Gesichter sehen könnte, würden diese vermutlich strahlen wie Castor-Transporter.
Während ich normalerweise kein großer Fan von Live-Alben bin und mich diese eher schnell langweilen, habe ich bei Matze Rossi gleich den doppelten Jackpot geknackt. „Musik ist der wärmste Mantel“ ist (ohne die Diskografie des Künstlers lückenlos zu kennen) die Quintessenz dessen, was Matze Rossi zu vollbringen vermag. Im entsprechenden Rahmen entfaltet dieser offenbar sein gesamtes Potenzial und schafft es, seine Hörenden eine gute Stunde bestens zu unterhalten. Für Fans eine klare Sache, aber auch Zögerliche werden von der Scheibe überzeugt sein.
[End Hits Records/Cargo Records 2018]
