In meiner frühen Jugend habe ich neben Punk und Hardcore vor allem viel Metal aufgesaugt. Während die ersten beiden Genres bis heute den Löwenanteil meines Musikkonsums ausmachen, ist letzteres immer mehr in meiner persönlichen Senke verschwunden. Zum einen, weil ich die Metal-Szene zunehmend als in politischen Belangen bequem und selbstgefällig wahrgenommen habe, aber zum anderen ganz wesentlich deshalb, weil ich die Musik an sich nicht mehr wirklich cool fand. Ein kleines Revival oder zumindest ein wenig Nostalgie kommt bei mir genau dann auf, wenn es eine Band versteht, all die von mir genannten Genres nachvollziehbar miteinander zu verbinden. Die großartigen Iron Reagan beispielsweise demonstrieren exemplarisch, wie viel Punk, Hardcore und (Thrash) Metal historisch und musikalisch eigentlich miteinander gemeinsam haben.

In eine ähnliche Kerbe schlagen in diesem Fall auch Final Error aus dem westfälischen Lippstadt. Auf ihrem neuen Album „The Blind Lead The Blind” prügelt sich die Band durch elf Songs und zeigt, dass sie technisch eigentlich alles beherrscht, was Punk, Hardcore und Thrash so hergeben: Superschnelles Riffing, Breakdowns, walzende Drums und fieses Gekeife. Das alles ist nun wirklich nicht neu, macht aber auch nach ein paar mehr Durchläufen noch Spaß und kann mit Crossover-Kolleg*innen durchaus mithalten. Kein Wunder, schließlich haben die Mitglieder teils über 30 Jahre Subkultur auf dem Buckel und sind dementsprechend versiert. Auch wenn Final Error nicht wirklich über ein Alleinstellungsmerkmal verfügen, kann man hier relativ bedenkenlos zugreifen und als Metalhead seinen Punk-Freund*innen (oder umgekehrt) vorspielen, ohne rot zu werden. Okay, das Hardcore Worldwide-Video zur Single „Deadly Fate” ist schon unfreiwillig komisch, aber auf CD oder Vinyl sieht man das Ganze ja nicht.

Kurzum: „The Blind Lead The Blind” ist vielleicht kein Game Changer, macht aber mit guten Boxen richtig Spaß und kann vielleicht noch so etwas wie Unity unter den Subkulturen wieder einigermaßen herstellen. Allein für dieses noble Anliegen (egal ob intendiert oder nicht), aber auch für ihre musikalische Leistung, sollte man Final Error Respekt zollen.

[Dedication Records 2019]