Wohl kaum eine Musikrichtung hat meinen Umzug nach und mein Ankommen in Berlin so begleitet wie Rap. War ich vorher noch überwiegend in den Sparten Punk und Hardcore unterwegs, saugte ich in den letzten Jahren immer mehr jenes Genres auf, dem ich zuvor eher skeptisch gegenüberstand. Besonders angetan hatten es mir Künstler*innen des Mainzer Labels Sichtexot: Luk&Fil, Knowsum und Figub Brazlevič, um nur ein paar Namen zu nennen. Letzterer lieferte mir für quasi jede Situation einen wunderbaren Soundtrack und zeigte, dass Rap gerade abseits der Texte eine schöne Klangästhetik besitzen kann.

Entsprechend gespannt las ich den Hinweis auf Alphonzos neues Album „Analog Slang“, schließlich bilden die Beats des Berliners Brazlevič (der übrigens auch nahezu das gesamte Album produziert hat) das Soundfundament für den Dresdner Rapper. Bereits nach wenigen Momenten wird klar: Da haben sich zwei Nerds gefunden. Alphonzo erzählt in einem wunderbaren Flow Geschichten und beschreibt die Absurdität der Gegenwart auf erstaunlich ehrliche und treffende Weise. Entsprechend ist auch der Albumtitel als ironische Antithese zu digitalen Formen der (oftmals verrohten und trivialisierten) Kommunikation zu verstehen. Brazlevičs oldschoolig-jazzige Beats untermalen das Ganze auf so wunderbare Weise, dass ich mich frage, warum sich die beiden nicht schon viel früher für ein Album zusammengesetzt haben. Komplettiert wird „Analog Slang“ durch Features von Classic der Dicke („All You Can Drink“), Netik Deputee („2 Zimmer Küche Bar“) und Marie Antoinette („Rost auf Metall“).

Wer sich schon immer gefragt hat, wie sich Figub Brazlevičs Sound in Texten ausdrücken könnten, wird in Alphonzo seinen oder ihren neuen Lieblingsrapper gefunden haben. Nah dran am Puls der Sichtexot-Familie, den Sarkasmus von Lemur und ein bisschen Melancholie der Marke Destroy Degenhardt – so ungefähr ließe sich die klangliche und inhaltliche Ästhetik von „Analog Slang“ zusammenfassen. Wer einen oder gar beide Künstler bisher nicht auf dem Schirm hatte, sollte das nun unbedingt nachholen – und sich treiben lassen.

[Krekpek Records/Vinyl Digital 2019]