Spätestens seit „schmaltz“ sind Spanish Love Songs so etwas wie ein Synonym für pure musikalische Melancholie. Wer The Mentzingers, The Flatliners und Iron Chich zu den sicheren Nummern in seiner beziehungsweise ihrer Plattensammlung zählt, kann der Band aus Los Angeles unmöglich aus dem Weg gehen – soweit die ziemlich einhellige Meinung verschiedenster Rezensent*innen. Nun, knapp zwei Jahre nach „schmaltz“, stellt sich die Frage, ob man sich auf dieses gemeinsame Urteil auch beim neuen Longplayer „Brave Faces Everyone“ noch immer verlassen kann. Ich baue am besten gar keine Spannung auf und sage einfach: Scheiße ja!

Eigentlich bin ich fast gewillt zu sagen, dass Spanish Love Songs nochmal eine ganze Schippe draufgelegt haben, auch wenn das schwer vorstellbar scheint. Soll heißen: noch mehr Herzschmerz und bittersüßem, vorsichtigem Optimismus und tatsächlich noch mehr Hymnen und Singalongs. Was mir gleich zu Beginn auffällt, ist der Umstand, dass die Kalifornier deutlich punkrockiger klingen, ohne ihren Sound auch nur ansatzweise zu verwerfen. Entsprechend ist „Routine Pain“ ein extrem geiler Opener, der frappierend an Red City Radio erinnert und damit ordentlich nach vorne prescht. Zu meiner großen Freude kann die Band dieses Niveau locker über das gesamte Album halten und legt mit dem letzten und zugleich Titelsong „Brave Faces, Everyone“ sowohl musikalisch als auch textlich einen zukünftigen Klassiker vor, der noch in so mancher Playlist landen dürfte.

Wenn sich eine Band mit jedem Album immer wieder selbst übertrifft, nährt das wiederum die Angst, zwangsläufig irgendwann mal nicht mehr mithalten zu können. Doch Spanish Love Songs schlagen der Abnutzung und Trivialisierung bisher äußerst erfolgreich ein Schnippchen – und machen das hoffentlich noch unendlich lange. Sich trotz vieler Widrigkeiten die Freude zu bewahren, und sei es nur in wenigen und kurzen Momenten – dieses Prinzip hat sich die Band in jeglicher Hinsicht erfolgreich zu eigen gemacht. „Brave Faces Everyone“ verkörpert diesen Umstand wie kein anderes Album und ist daher schon jetzt mein Favorit des Monats.

[Pure Noise Records 2020]