Zugegeben, die Siebziger Jahre waren nur bedingt Teil meiner musikalischen Sozialisation. Zwar habe ich natürlich die üblichen Bands und Künstler*innen durch meine Eltern mitbekommen, allerdings lag beziehungsweise liegt der Schwerpunkt bei Punk und Hardcore eher in den Achtzigern bis heute. Doch auch wenn ich mit einem musikalischen Jahrzehnt nicht bewandert bin, finde ich die Ästhetik, die ihre Musik ausstrahlt, stets interessant. Zudem hilft mir diese kulturelle Herangehensweise dabei, die jeweilige Epoche für mich zu erschließen, auch wenn es mitunter ins Klischeehafte abzudriften droht. Es ist (vermutlich nicht nur) mir unmöglich, eine Dokumentation über den Vietnamkrieg zu gucken, ohne CCR, The Doors oder Jimi Hendrix im Kopf zu haben.

Orions Belte aus Norwegen haben für diese Ästhetisierung von Musik ein wirklich gutes Gespür, was sie auf ihrem Debüt „Mint“ beeindruckend unter Beweis stellen. Dabei scheißt das Trio gepflegt auf Genre-Grenzen und Schubladen und tobt sich in neun Songs so richtig aus. Irgendwo zwischen Blues, Instrumental, Surf und Psychedelic Rock spielt sich die Band von einem Rausch in den nächsten. Dabei verzichten die drei Musiker weitestgehend auf Gesangsparts (abgesehen von „Joe Frazier“ und „Le Mans“) und vertrauen allein der Macht ihrer Instrumente. Dabei klingt „Mint“ wie aus einem Guss, weil die Songs sich nahtlos zusammenfügen und es eigentlich wenig Sinn macht, das Album nicht in einem Rutsch durchzuhören. Menschen, die unterwegs gerne auf Shuffle schalten, wird das eventuell etwas stören.

„Mint“ ist eine psychedelische Reise durch die Siebziger Jahre, in all ihren vorstellbaren Farben und Formen. Davon zeugen nicht zuletzt die Musikvideos der Band. Dabei klingen Orions Belte nicht nach Klischee-Musik, zu der die Generation meiner Eltern alle Arten von Drogen geschmissen hat, sondern durchaus eigenständig und selbstbewusst. Wer in der Hektik des Alltags eine gute halbe Stunde Off gut gebrauchen kann, wird mit „Mint“ gut bedient werden.

[Jansen Records 2018]