Obwohl ich mein ganzes Leben immer von Punk und diversen Subgenres beschallt wurde, spielte deutschsprachiger Punk beziehungsweise sogenannter Deutschpunk nie eine große Rolle für mich. Irgendwie fühlte ich mich in meinen Jugendjahren immer mehr zu US-Bands wie NOFX, Anti-Flag oder Rancid hingezogen. Erst in den letzten zehn Jahren bemerkte ich durchaus hörenswerte Bands, die zum Glück so gar nicht nach „Schlachtrufe BRD“ klingen. Nichts gegen eine gute Portion Grundstumpfheit, aber viele Deutschpunk-Bands fand ich einfach langweilig und austauschbar.

Notgemeinschaft Peter Pan aus Hamburg haben sich innerhalb weniger Jahre einen respektablen Ruf innerhalb der deutschen Punk-Szene erspielt. Und das nicht zu Unrecht: Musikalisch einwandfreier Punk Rock und Texte, die trotz einer guten Portion Ömmeligkeit nicht ins Lächerliche abdriften und den Blick für’s Wesentliche behalten. Und jetzt kommt’s: Fans können mit Blick auf die neue gleichnamige Platte der Band aufatmen, denn die Jungs machen alles richtig. Nicht nur Genre-Purist*innen kommen auf ihre Kosten, auch Deutschpunk-Skeptiker*innen haben mit der neuen Platten eine wirklich gute Chance, auf der Musik der Hamburger kleben zu bleiben. Auf ihrem dritten Longplayer kotzt sich der Dreier aber nicht nur über politische Schieflagen („Wer nichts weiß der muss viel glauben“) und Handtuch auslegende Klischee-Almans („Mikrocosmopoliten“) aus, sondern auch über binäre Geschlechterrollen und männliche Privilegien („Nachsitzen in Sexualkunde“). Gerade in letzterem offenbart die Band ein hohes Maß an kritischer Selbstreflexion. Ein Umstand, der auf einer Punk-Platte leider nicht immer so selbstverständlich ist. Besonders für diesen Song einen Daumen hoch, denn obwohl er musikalisch ein bisschen holprig ist, kann ich ihn inhaltlich absolut unterschreiben. In „Wohlstandssorge Bettelbetrug“ wiederum kommen die Vocals schon fast an Jello Biafra heran. Soll heißen: Anspieltipp!

Auch auf Album Nummer drei schaffen es Notgemeinschaft Peter Pan, all ihren Ansprüchen gerecht zu werden: „Antifascist, antisexist, antiaging“. Besonders letzteres ist mit Blick auf den Bandnamen identitätsstiftend geworden, ist aber keinesfalls als konservativ zu verstehen. Man darf ruhig älter werden. Solange man im Kopf jung, reflektiert und frisch bleibt, ist alles tutti.

[Kidnap Music/RilRec/Riot Bike Records 2018]