Berlin ist bekanntlich ein reicher Quell für alle möglichen musikalischen Spielarten. So richtig klar wird einem das aber erst, wenn man an der Basis zu graben anfängt und die mitunter ziemlich aktiven (Sub)Kulturen nach und nach entdeckt. Ich wohne nun ziemlich genau drei Jahre in besagter Stadt und habe einige kleine Bands bzw. Szenen auf dem Schirm. Black Metal gehörte auch im weiteren Sinne bisher nicht dazu, abgesehen von Praise The Plague und Ancst vielleicht. Obwohl ich klassischem Black Metal bisher eher wenig abgewinnen konnte, üben die beiden genannten Bands eine gewisse Faszination auf mich aus. Das liegt vor allem daran, dass beide eine schwarzmetallische Basis haben, aber gleichzeitig weitere Einflüsse wie Hardcore oder Doom zulassen und damit dem Genre einen ganz neuen Klang verleihen.
In diese Reihe gesellen sich ab heute Chambers, eine noch junge Band aus Friedrichshain. Deren neues Release „Depart \\ Disappear“ umfasst zwar „nur“ sechs Songs, aber mit einer Gesamtspielzeit von knapp 35 Minuten kommt man hier absolut nicht zu kurz. Chambers haben ein Gefühl für perfekte Balance: Die Songs sind ausufernd („Asubha“ beispielsweise kratzt schon an der 8 Minuten-Marke), aber nicht endlos oder gar langweilig. Ihre ganz eigene Mischung aus Black Metal und Postcore sorgt für eine wunderbare Soundkulisse, die von düsterer Schwere über gnadenloses Gebolze bis hin zu melodischen Parts alle musikalischen Emotionen abzubilden vermag. Dazu kommt das wirklich krasse Gekeife von Shouterin Anna, das sicherstellt, dass man es sich in den ruhigen Parts der Songs bloß nicht zu bequem macht.
Chambers beweisen auf ihrem ersten Longplayer, dass Black Metal nicht immer Krieg sein muss, sondern zwischenzeitlich fast friedlich daher kommen kann und sich Zeit für die Entfaltung nimmt. Wer einen nicht allzu nihilistischen Soundtrack für die frühen Herbsttage sucht, sollte „Depart \\ Disappear“ unbedingt antesten!
[DIY 2018]