Eine (zugegebenermaßen etwas abgedroschene) Weisheit besagt, dass das Unglück der einen Glück für andere bedeuten kann. Viele Bands dürften das bestätigen können, haben doch Auflösungen und Mitgliederwechsel so manch andere Band bereichert. Okay, Pennywise wären vielleicht nicht unbedingt das beste Beispiel, aber ihr wisst, was ich meine.

So ähnlich ist es jedenfalls mit Ninety Nine aus Erfurt. Seit ihrer Gründung im Jahr 2014 hat sich die Band einen Namen im Untergrund gemacht und zahlreiche Shows durch Europa heruntergerissen, darunter mit Szenegrößen wie No Turning Back. Entsprechend resigniert dürften Fans gewesen sein, als Ende 2017 der bisherige Shouter der Band ausstieg. Tritschi, der sich bisher für Veilside die Seele aus dem Leib schrie, wurde nach deren Auflösung als Ersatz requiriert. Hat ein bisschen was von Organspende, oder? Schließlich lebt nun ein entscheidender Teil Veilsides in Ninety Nine weiter. Und das Beste: Fans müssen nicht fürchten, die Band hätte ihren ursprünglichen Sound zu sehr kompromittiert. Im Gegenteil: Das altbewährte Rezept aus groovig-moshlastigem Hardcore mit Metal-Riffs wird auf dem neuen Album „Wasteland“ konsequent weitergeführt. Das mag nicht weltbewegend neu sein, aber muss es das denn immer? Schließlich hat die Platte nicht nur musikalisch was vorzuweisen, sondern ist darüber hinaus noch wahnsinnig gut produziert. Auch textlich hat man es bei „Wasteland“ nicht mit dem totalen Einheitsbrei zu tun, mitunter fallen die Songs sehr politisch aus und vermitteln deutliche Botschaften („I See No Saints“). Für drei Songs konnte die Band aus Erfurt zudem namhafte Features von Bands wie Forester („Going To War“), Scheisse Minneli (Überraschung: „S.K.A.T.E.“) und Rykers („As One“) gewinnen. Besonders letzteres sticht nochmal besonders hervor und sei daher als expliziter Anspieltipp empfohlen.

Wer auch nach hundert gut produzierten und gespielten Hardcore-Alben noch keine Ermüdungserscheinungen des Genres erkennt, liegt mit Ninety Nine goldrichtig. Einen weltbewegenden Kracher liefern die Jungs zwar nicht ab, Spaß macht die Platte aber allemal. Keine Experimente, kein Risiko, aber für einen schwitzigen Pit genau das Mittel der Wahl.

[Dead Serious Recordings 2019]