Sobald sich Konsens-Bands anschicken, der Welt in Form eines neuen Albums wieder ein Lebenszeichen zu geben, fangen die berüchtigten Spekulationen an: Kann die Band es noch? Vor allem nach einem Mitglieder- oder gar Soundwechsel? All das ist genährt von der beinahe krankhaften Angst, eine heißgeliebte Gruppe könnte mit einem Album plötzlich unfassbar kacke werden. Wenngleich das manchmal hysterische Ausmaße annimmt, kann ich diese Bedenken von Fall zu Fall absolut nachvollziehen. Bei Pascow und deren neuem Streich „Jade“ lief das (zumindest in meinem Umfeld) allerdings noch drastischer ab: Wähnten sich Fans mit Blick auf die erste Single „Silberblick & Scherenhände“ noch in Sicherheit auf ein klassisches Pascow-Album, war diese Vorfreude nach „Wunderkind“ zumindest angekratzt. Zugegeben, die Band selbst hatte schon angekündigt, dass letzteres die Fangemeinde polarisieren würde – und sollte damit recht behalten. Aber auch wenn „Wunderkind“ nie zu meinen Lieblingssongs der Band gehören wird, war das für mich noch längst nicht der Todesstoß.
Als ich „Jade“ dann schließlich in seiner ganzen Länge auf den Ohren hatte, war ich glücklich. Glücklich vor allem deshalb, weil sich die ganzen Spekulationen und hysterischen Diskussionen als reine Zeitverschwendung herausgestellt haben. Denn „Jade“ bietet nicht nur dem konservativen Fan genau das, was er hören möchte. Pascow erscheinen auf ihrem neuen Album hörbar abwechslungsreicher und differenzierter, ohne an ihrer fundamental wichtigen Rotzigkeit zu verlieren. Während mit dem bereits erwähnten „Silberblick & Scherenhände“, „Jade“ und „Sturm der durch die Erlen zieht“ klassische Brecher vertreten sind, die voll nach vorne gehen und wohlige Gänsehaut auslösen, zeigt sich die Band auch in einigen Songs von einer erstaunlich melancholischen Seite. „Kriegerin“ und „Schmutzigrot“ stehen hierbei stellvertretend für die Stimmung, die „Jade“ neben aller erwarteten Punkigkeit maßgeblich prägt. Eine Stimmung, die der Band wirklich gut zu Gesicht steht. Mit Blick darauf ließe sich das Album-Cover, das eine junge Frau mit Corpsepaint, fettigen Haaren und buttonbesetzter Lederjacke ziert, also durchaus wörtlich interpretieren.
Kurzum: Nicht nur Fans, sondern auch jene, die es noch werden wollen, bekommen mit „Jade“ einen weiteren Grund, Pascow zu lieben. Von Ermüdungserscheinung kann hier keine Rede sein. Pascow tun einfach genau das, was sie schon immer richtig gut konnten: Rotz und Melodie, gepaart mit teils kryptisch-verkopften Texten – und mit beiden Beinen fest im Punk verwurzelt. Die fünfjährige Wartezeit seit ihrem letzten Longplayer „Diene der Party“ war grausam, aber „Jade“ entschädigt all das. Versprochen.
[Rookie Records 2019]