Bild: Jonathan Göpfert

 

Keine Band, sondern eine Selbsthilfegruppe, wahlweise auch ein psychosoziales Experiment – so beschreiben sich The toten Crackhuren im Kofferraum nicht nur in ihren Promotexten. Mit Blick auf die singuläre Exzentrik ist man fast gewillt, der Band zuzustimmen. Wir wollten es allerdings genauer wissen und haben deswegen Luise „Lulu“ Fuckface ein paar Fragen zur Band und vor allem zum neuen Album „bitchlifecrisis“ gestellt.

 

Schön, dass du dir Zeit nimmst! Euer neues Album „bitchlifecrisis“ steht in den Startlöchern, eure erste Single „Jobcenterfotzen“ hat bei der Bundesagentur für Arbeit auch schon für Furore gesorgt. Ziemlich gute Promo oder doch eher etwas, das ein Nachspiel haben könnte?

Haha ja, das war wirklich gute Promo für uns. Ich habe vorher gar nicht darüber nachgedacht, ob die das vielleicht blöd finden beziehungsweise dass die da so ein Fass aufmachen. Aber ich kann mich nur bedanken und Grüße natürlich alle Jobcentermitarbeiter. <3

 

Die Polemik des Jobcenters gegen euch lässt auf jeden Fall tief blicken, sie liest sich ziemlich gehässig. Habt ihr mit so einer Reaktion gerechnet?

Nein, damit haben wir wirklich nicht gerechnet, aber wir finden es super, dass sie sich doch so viel Mühe gegeben haben. Die Reaktion war schon irgendwie lustig und da hatte jemand viel Spaß beim Schreiben und Abkotzen. Das ist doch die Hauptsache!

Wir können mit solchen Kritiken ganz gut umgehen. Wir sind es gewöhnt, dass die Leute, wenn sie uns kacke finden, uns auch leidenschaftlich kacke finden und das zum Ausdruck bringen. Also auf der Bühne ist das manchmal eklig, wenn man das doch bespuckt wird, aber ej! Spaß muss sein!

 

Ihr lasst in euren Songs oft einen feministischen Background durchblicken. Werdet ihr aus dieser Richtung auch für eure Sprache kritisiert?

Ich weiß nicht, ob wir einen feministischen Background durchblicken lassen. Wir sind Frauen und da nicht feministisch zu sein, ist ja auch total hohl.

Früher bin ich da ein bisschen naiver durch die Gegend gelaufen und habe über sowas nicht so viel nachgedacht beziehungsweise war es einfach kein Thema bei uns. Wir waren halt zufällig Frauen und haben zusammen rumgehangen und Quatsch gemacht. Ich bin da aber auch sehr behütet aufgewachsen. Meine Mutter hat da keine Grenzen gesetzt, also mir wurde nie gesagt, dass ich irgendwas nicht machen kann, weil ich eine Frau bin.

Aber klaro, wenn dir der xte Typ am Abend auf den Arsch haut, nur weil du eine Frau bist, die auf der Bühne steht, einen relativen kurzen Rock trägt und man vielleicht irgendwas von einem Pony singt,  oder eine Label eine Platte nicht bringen will, weil sie der Meinung sind, dass das zu krass für ‘ne Frau ist, dann denkst du darüber schon nach, ob das jetzt so cool ist. Was übergriffige Männer angeht, können wir uns inzwischen ganz gut wehren. Kacke ist es trotzdem. Tatsächlich habe ich auch oft von Frauen gehört, das wir das ja provozieren würden. Als wir unsere ersten Konzerte, damals noch in linken Hausprojekten, gespielt haben, wurden wir öfter mal drauf hingewiesen, dass wir doch eigentlich dort nicht hinpassen. Wir würden uns zu viel schminken und zu nuttig kleiden. Allgemein wären wir zu tussig und zu prollig, zu irgendwas.

Was unsere Sprache angeht: Ja, die ist natürlich prollig. Aber so reden wir nun mal. Das ist nichts extra angeeignetes oder trainiertes um zu provozieren. Das hat sich eben einfach so ergeben. Das Wort Fotze zum Beispiel…das ist für mich einfach ein Wort. Eine Beleidigung und leitet sich für mich von fotzig, hinterfotzig hab. Also wenn ich Fotze sage, meine ich damit nicht das weibliche Geschlechtsteil, sondern einen hinterfotzigen Menschen. Meine wunderschöne Scheide würde ich niemals Fotze nennen.

 

Wir sind es gewöhnt, dass die Leute, wenn sie uns kacke finden, uns auch leidenschaftlich kacke finden und das zum Ausdruck bringen.

 

Aber genug von der Kritik, die euch entgegenschlägt, lass uns nochmal über das neue Album sprechen. Der Titel lässt fast vermuten, als gebe es bei euch Ermüdungserscheinungen. Musikalisch trifft das zum Glück nicht zu. Aber textlich seid ihr im Vergleich zum Vorgänger „Mama ich blute“ fast schon ein bisschen nachdenklicher geworden, oder täusche ich mich da?

Nee, da täuschst du dich nicht! Es wäre auch irgendwie ein bisschen traurig, wenn wir mit round about 30, immer noch total naiv und blauäugig durch die Welt laufen würden. Es läuft einfach viel schief, und das nicht sehen zu wollen, ist absolut fahrlässig.

Ich bin seit einiger Zeit im Tierschutz und das ist eine echt beschissene Sache, die mich einfach auf den Boden der Tatsachen zurück geholt hat. Man sieht so widerliche und gemeine Dinge und die machen einen eben nachdenklich und auch sehr oft traurig und wütend. An ganz schlimmen Tagen wünsche ich mir mein naives Ich von damals wieder zurück aber eigentlich bin ich froh, dass ich ein Bewusstsein für meine Umwelt habe. Auch wenn es manchmal weh tut.

 

Mit Juse Ju und Pöbel MC habt ihr zwei wirklich großartige Features auf der neuen Platte. Warum die beiden Rapper?

Ach, da waren wir nicht so wählerisch, hehe. Nee, also den Juse haben wir bei einer Sendungsaufzeichnung bei Alex Berlin getroffen. Die Sendung hieß Pfeiffers Ballhaus und war eher etwas für betagtere Menschen. Die Redaktion hat sich aber immer einen Spaß draus gemacht, ein paar jüngere Musiker einzuladen und die dann auf die Rentner los zu lassen. Wie Juse im weißen Anzug und mit Rosen zwischen den ganzen Omas sitzt und davon singt, dass er kein Mann fürs Leben ist, sondern nur für ein paar Stunden, das werde ich nie vergessen. Das ging tief in Herz und Schoß.

Pöbel habe ich gehört und war direkt verliebt. Er ist schön, er ist smart, er ist ein Traumboy. Tatsächlich feier ich so ziemlich alles von ihm. Also haben wir ihn einfach richtig hart genervt, damit er das Feature macht. „OK Ciao“ ist auch mein absolutes Lieblingslied auf der Platte. Sein Part hat das Lied nochmal richtig veredelt.

 

Ich musste sehr über euren Song „QVC gegen Geilheit“ lachen. Um welche Lustkiller sollte man sonst noch unbedingt einen Bogen machen?

Oh, es gibt so viele. Puppen, Clowns, Markus Lanz…die sind schon krass eklig. Ich hab auch eine Aversion gegen Kuscheltiere. Davon abgesehen ist die Diskussion, ob mit oder ohne Gummi gebumst wird, der absolut größte Lustkiller. Da habe ich auch schon einiges an Ausreden gehört, warum es jetzt auf keinen Fall mit Gummi geht.

Was aber immer geht sind Komplimente, gutes Essen und Dschungelcamp. Da bin ich direkt dabei!

  

Eure wichtigsten Einflüsse, sei es musikalisch oder in anderer Weise?

Also bei mir ist es meine Mama. Das ist einfach der liebste Mensch der Welt. Sie hat mich nie irgendwie eingeschränkt und immer bestärkt alles so zu machen wie ich es eben mache. Sie hat auch immer ihr Ding durchgezogen und sich trotzdem um andere gekümmert und Verantwortung übernommen. Danke, liebste Mutter. <3

Musikalisch ist es Annette Benjamin, die Sängerin von Hans-A-Plast. Die vergöttere ich sehr lange und ist eigentlich auch der Grund dafür, dass ich Musik mache. Peaches find ich auch mega, M.I.A. ist toll…es gibt wahnsinnig viele Frauen, die ich anhimmle.

Wolfgang Petry und Frank Zander finde ich aber auch ganz toll!

 

Was steht für euch sonst in diesem Jahr noch an?

Am 01.02. kommt endlich unsere Platte raus, die ich jedem absolut (und total uneigennützig) empfehlen kann. Im März gehts auf Tour. IHR MÜSST ALLE VORBEI KOMMEN…wir brauchen neue Wimpernextensions und die sind sehr teuer!!!!

 

19.03.2019      Wiesbaden, Schlachthof

20.03.2019      Köln, Museum

21.03.2019      Hamburg, Hafenklang

22.03.2019      Dresden, GrooveStation

24.03.2019      Berlin, Cassiopeia

29.03.2019      Lüneburg, Salon Hansen

30.03.2019      Weinheim, Cafe Central

05.04.2019      Chemnitz, Atomino

06.04.2019      Rostock, Peter Weiss Haus

12.04.2019      München, Backstage Club

13.04.2019      Stuttgart, Kellerklub