Zusammen mit seinen Freund*innen eine Band gründen. Extrem viele haben das in ihren jungen oder älteren Jahren versucht oder haben es sogar geschafft, sich bis heute nicht die Rübe einzuschlagen. Bei mir war trotz ambitioniertem, aber doch recht schnell abnehmenden Interesse am Klampfen schon relativ früh klar, dass ich mich primär auf den sammelgetriebenen Konsum von Musik konzentrieren würde. Obwohl ich diesen Schritt bis heute nicht bereue, freue ich mich wirklich von ganzem Herzen, wenn eine Band als Gruppe eingeschworener Freund*innen sicht- und hörbar funktioniert und Spaß an der Musik hat.

Eine solche Band ist zweifelsohne One Tape. Dier vier Jungs aus dem sauerländischen Brilon dürften höchstens 20 sein, und diesen Umstand hört man deutlich aus den Texten ihres Debüt-Albums „raus“ heraus. Ohne jetzt als Endzwanziger altklug lamentieren zu wollen: Der Optimismus und die Lebensfreude, die One Tape lyrisch und musikalisch an den Tag legen, verkörpern unbeschwerte Jugendattitüden in Reinform. Das ist jedoch nicht despektierlich gemeint, sondern anerkennend. Ein Lebensgefühl authentisch in Musik auszudrücken ist eine Kernkompetenz, nach der so manche Musiker*innen streben, aber nicht erfüllen. Im Kern erinnert mich der Spirit der jungen Band an den herzerwärmenden Pathos, den man von Feine Sahne Fischfilet kennt. Abgesehen davon haben One Tape mit der „antifaschistischen Bierzeltmusik“ (Zitat FSF-Bierbecher) aber nicht viel gemein, da sie weder wirklich politisch noch punkig sind. Vielmehr bewegen sich die Jungs grob im modernen Indierock-Fahrwasser, in dem sich gerade eine Menge tummelt. So erklärt sich dann auch das Kraftklub-Cover „Randale“, das sich letztlich erstaunlich gut in das Album einfügt. Erstaunlich deswegen, weil One Tape in ihren anderen Songs etwas rockiger klingen und eine gewisse Affinität zu kitschigen Soli haben. Kein Wunder eigentlich, wenn der Gitarrist mit Blick auf die Promobilder mindestens zwei verschiedene Guns’n’Roses-Shirts besitzt. Auch wenn die Band um Axl Rose und Slash absolut nicht zu meinen Favoriten gehört, ist es schön zu hören, dass sich junge Musiker*innen noch positiv auf genreprägende Bands beziehen.

Auch wenn das erste Riff der Platte auf „Wir sind zurück“ Erinnerungen an Seether oder Bowel Function wach werden lässt, sollte man sich nicht zu sehr mit diesem Gedanken anfreunden. Letztlich schlagen One Tape ruhigere Töne an, verlieren sich aber nicht in der Seichtheit. Zugegeben, „Kunterbunt“ ist mir wirklich eine Nummer zu glatt. Sonst liefern die Jungspunde mit „raus“ ein wirklich solides, eingängiges und vor allem authentisches Debüt in Sachen Indierock ab. Apropos Authentizität: Mit diesem Hintergrund kann man sogar über die „rockige Unterstützung der Sparkasse Hochsauerland“ im Booklet mit einem Lächeln hinwegsehen. Von dieser Band hören wir bestimmt nochmal.

[Langstrumpf Records 2019]