Wie oft werden für Rap-Acts die Prädikate „oldschool“ oder „back to the roots“ bedient? Naja, schon recht oft, und in vielen Fällen scheint es auszureichen, in den Tracks auf Autotune und Trap-Elemente zu verzichten. So sehr ich persönlich diese „Gegenbewegung“ (wenn man sie denn so nennen möchte) begrüße, verkommen genannte Attribute zu leeren Worthülsen und vermitteln eine verzerrte Vorstellung davon, was diese eigentlich meinen.

Das Verbale Style Kollektiv, kurz VSK, hat das Problem richtig erkannt und schickt sich an, die Unwissenden zu erleuchten. Nicht nur beim Blick auf die Pressebilder, sondern bereits in den ersten Minuten der Platte wird schnell klar, wer sich unter anderem hinter der Combo verbirgt. Neben MC Bleistift, Dr. Podwich, Masta Maik, Fanta Yokai und DJ Ratzefummel sind mit MC Schreibmaschine (Maxim), Flowbotta (Tarek) und Streichholz MC (Nico) drei Rapper der allseits gefeierten K.I.Z. im Boot. Wer jetzt fürchtet, eine lieblose Kopie letzterer erwarten zu müssen, kann aufatmen. Das Kollektiv schlägt musikalisch und textlich eine andere Richtung ein und zeigt auf ihrem neuen Album „Wo die wilden Kerle flowen“, dass und vor allem wie eine Zeitreise in die goldene Ära des Hip Hop würdevoll und authentisch gelingen kann. Während Fanta Yonkai (Beats) und DJ Ratzefummel (Turntables) die musikalische Sample-lastige Basis zimmern, beweisen die übrigen Mitglieder, dass sie lyrisch-technisch sämtliche Rap-Disziplinen beherrschen, ganz gleich ob Battle Rap, klassische Rapresenter, Tracks mit Tiefgang oder Storyteller. Dabei orientiert sich der Achter, wie bereits angedeutet, stark an Vorbildern der 90er Jahre und klingen sogar teilweise frappierend wie die alten Beginner, als diese noch ein „Absolute“ im Namen hatten. Hier fallen Punchlines, die oft weit mehr als ein Schmunzeln hervorrufen und ganz ohne den menschenverachtenden Scheiß auskommen, der mittlerweile in vielen Rap-Formaten zur Norm geworden ist.

Mit „Schönen Guten Tag“, der ersten Single-Auskopplung, hat das Kollektiv nicht nur einen großartigen Hit auf die Menschheit losgelassen, sondern auch richtig Laune auf den Rest des Albums gemacht. Und das ist vollgepackt mit 16 großartigen Tracks (zählt man die drei Skits mit), die nicht nur K.I.Z.-Fans großen Spaß machen dürften. „Wo die wilden Kerle flowen“ erweckt nostalgische Gefühle und bettet diese in einen zeitgenössischen Kontext ein, ohne dabei an Authentizität zu verlieren. Oder um es mit den Worten des VSK auszudrücken: „Wir halten es fresh wie Tupperware“.

[Beat the Rich/Universal 2018]