Kennt ihr das? Ihr hört eine Scheibe und denkt: „Klare Sache, das ist Punk. Geil!“ Es bleibt geil, aber mit dem Genre seid ihr euch nicht mehr so sicher. Ist das Indie? Mag ich doch gar nicht so sehr. Aber gut klingen tut’s halt schon. So ähnlich ging es mir mit dem ersten Durchlauf des neuen Albums der Berliner Band Baretta Love, das den gleichen Namen wie die Band selbst trägt. Jeder weitere Durchlauf öffnet neue Zugänge zur Musik des Trios. Dabei ist „Baretta Love“ kein Grower im klassischen Sinne, sondern eher so, wie ein*e Parcoursläufer*in eine Stadt sieht: Egal ob es ein Ziel gibt oder nicht: Welchen Weg du einschlägst, ist absolut dir überlassen. Such dir den Ansatz raus, der für dich am spannendsten ist.
Baretta Love decken auf ihrem neuen Album musikalisch viel zwischen Punk, Indie und Blues ab, ohne dabei aber hilf- oder planlos zu wirken. Im Gegenteil: Einige Male hat man das Gefühl, eine der Stilrichtungen gar nicht mehr ohne die anderen denken zu können, weil alles so logisch klingt. Theoretisch sollte der Dreier also durchaus viele Menschen mit seiner Musik abholen. Hier ein paar Beispiele: Das hymnische „Here We Are“ erinnert entfernt an die großartigen Apologies, I Have None, welchen bereits 2012 mit „London“ eine wirklich eindrucksvolle und extrem melancholische Fusion von Punk und Indie gelungen ist. Und da wären noch „Drowning“, das Oldschool-Punk Rock förmlich atmet, sowie „Always On My Mind“, das glatt aus der Feder von Mandio Diao stammen könnte. Möglich wurde der wunderbar oldschoolige Touch der Platte durch den ungeschliffenen Sound, für den erneut Co-Produzent Mischkah Wilke verantwortlich ist. Er ließ Baretta Love das komplett analog im Kozmik Sound Studio einspielen. Ergänzt wird diese Ästhetik durch das Cover der Platte, das, wie es im Promotext so schön heißt, so aussieht, „als hätte sie die letzten 30 Jahre in diversen Flohmarktkisten verbracht“. Neugierig?
[Rookie Records/Kidnap Music 2018]