Die Kolleg*innen von bierschinken haben am Beispiel Pascows die großartige Kategorie „kryptische Scheiße“ geprägt, die eigentlich ganz gut auf den Punkt bringt, wie sich manche Bands zumindest textlich vom Genrerest abheben. Zum einen kann man mit Verweis auf dieses Prädikat auch mal offen zugeben, wenn man die verkopften Texte einer Band partout nicht versteht, zum anderen entlarvt man so die Inhalte einer Band gezielt als das, was sie leider oft sind: eben nur vermeintlich bedeutungsschwanger. Auch wenn es sicher nicht verkehrt ist, sich Pascow in dieser Hinsicht als Vorbild zu nehmen, gelingt das bei weitem nicht allen Bands.

In eine ähnlich verkopfte Kerbe schlagen auch Joseph Boys aus Düsseldorf, was bereits die Bandbeschreibung überdeutlich macht. Etwas skeptisch werfe ich meine Anlage an – und bin schon nach wenigen Augenblicken mit ihrem neuen Album „Rochus“ erleichtert. Nicht nur textlich bewegt sich der Fünfer auf einem nachvollziehbar surrealem Niveau, auch musikalisch lassen sich einige Referenzen entdecken: Klingt der Opener „Freizeitstätte Garath“ schon fast ein bisschen nach Kraftklub, erinnert „Steuerklasse Vier Vier“ wiederum sehr stark an Turbostaat. Auf Albumlänge wird zudem deutlich, dass sich die Jospeh Boys intensiv mit Jens Rachut, Adam Angst und möglicherweise auch den Kaput Krauts beschäftigt haben dürften – gerade mit Blick auf die zweite Albumhälfte. Anspieltipp: „Vernunft“.

Fassen wir zusammen: Im weitesten Sinne machen auch Joseph Boys „kryptische Scheiße“, aber in wirklich gut. Die Düsseldorfer sind klar im Punk verwurzelt und versuchen beinahe, einen Großteil des gesamten Genres aufzusaugen – ein schwieriger Anspruch, der ihnen mit „Rochus“ aber erstaunlicherweise gelingt. Insofern kann ich ihrem ambitionierten Infotext letztlich doch nur zustimmen: „Die schwächelnde Pop-Intelligenzia wird in ihren Grundfesten erschüttert.“ Ich bitte darum!

[Flight 13/Broken Silence 2019]