Spontane Konzerte sind meist die besten: Man lässt sich ohne große Erwartungen auf eine relativ unbekannte Band ein, und im besten Fall hat man einen tollen Abend. So erging es mir letzte Woche mit Bitter End, die mit den Dresdnern Risk It das Cassiopeia in Berlin abgerissen haben. Seit diesem Abend beschäftigt mich immer wieder dieselbe Frage: Warum um alles in der Welt hatte ich Bitter End nicht vorher auf dem Schirm? Ich begreife es nicht.

Denn das, was die Jungs aus San Antonio, Texas, hier zum Besten geben, ist Hardcore der dicksten Sorte. Mit seiner Metal-Schlagseite erinnert „Illusions of Dominance“ stark an den New York Hardcore der späten 80er und frühen 90er Jahre, wie wir ihn beispielsweise von Madball oder Biohazard kennen. Die Scheibe vom Qualitätslabel Deathwish (Converge, Modern Life is War, Touché Amoré) gibt von allen Seiten auf’s Maul, was unter anderem an Produzent Nick Jett (Terror, Backtrack und Down to Nothing) liegen dürfte. Wenngleich Bitter End zum Beispiel bei „Sting of Betrayal“ unverschämt nach Terror klingen, müssen sie keinen Vergleich zum Flaggschiff des Westküsten-Hardcore scheuen. Im Gegenteil: Bitter End beweisen, dass man das Rad nicht zwangsläufig neu erfinden muss, um eine fette Platte abzuliefern. Leicht prollige Vocals, viel Mosh, eine gute Portion Two Step. Fertig ist das Gartenhäuschen.

Während mich beispielsweise Terror spätestens seit „The 25th Hour“ etwas zu langweilen begannen, habe ich mich „Illusions of Dominance“ endlich wieder ein richtiges Brett im Plattenregal. Songs wie „Long Time Gone“ erinnern mich immer wieder daran, warum ich diese Musik in all ihren Facetten so sehr liebe. Wer als Liebhaber_in groovig-thrashigen Hardcores bei dieser Scheibe nicht den akuten Drang verspürt, in der überfüllten U-Bahn einen Moshpit aufzumachen, dem ist auch nicht mehr zu helfen.

[Deathwish 2015]