Unzählige Male habe ich Strike Anywheres „Iron Front“ gehört. Und es haut mich nach vielen Jahren immer noch um. Wenige Bands verstehen es, Melodie und unverhohlene Wut so perfekt in Songs zu gießen. Entsprechend hellhörig wurde ich, als Great Collapse eine neue Platte ankündigten. Schließlich formen Strike Anywhere-Fronter Thomas Barnett sowie Mitglieder von Set Your Goals, Rise Against und Nations Afire eine regelrechte Melodic Hardcore Supergroup. Und, naja, was soll ich sagen? Es knallt von der ersten Sekunde an! Dass „Neither Washington Nor Moscow…Again!“ verdammt nach Barnetts erster Band klingt, ist natürlich nicht verwunderlich, allerdings sorgt die einschlägige Combo für einen deutlich punkigeren, groovigen Sound. An jeder Ecke klingen Great Collapse sehr nach 90er Jahre Skatepunk und sind dabei eingängig wie Bolle. Fans dieser Sparte sowie der besagten Bands werden voll und ganz auf ihre Kosten kommen und sich an alte Zeiten erinnert fühlen. Versprochen!

Textlich hat sich nichts grundlegendes geändert, und das ist genau richtig. Alles andere wäre bei dieser Bandkonstellation auch verwunderlich. Anti-Flag haben’s mit „American Fall“ vorgemacht, wie man die beschissene politische Lage in den USA zumindest dazu nutzen kann, großartige Punk-Platten zu veröffentlichen. Verbale Munition liefern Trump und Konsorten auf jeden Fall genug. So wird beispielsweise in „Atomic Calendar“ der Aufstieg der faschistischen sogenannten Alt-Right thematisiert und was passieren kann, sollte diese nicht aufgehalten werden. Entsprechend ist auch der Titel des Albums zu verstehen. Schließlich sind die Verbindungen Trumps zur politischen Elite Russlands sowie deren vermutete Einflussnahme auf den US-Wahlkampf ein handfester Skandal, wenngleich dieser Umstand bei allen politischen Ähnlichkeiten Trumps und Putins sicher nicht allzu sehr überrascht. Doch nicht nur deswegen sind Great Collapse stinksauer: Unabhängig von Trump und Konsorten prangern sie klassische Probleme kapitalistischer Gesellschaften an: Obdachlosigkeit („Pretty Wreckage“), Zentrum und Peripherie und deren politisches Konfliktpotenzial („A Tale of Two Cities“) sowie Arbeitswahn („Escape Velocity“). Der absolute Hammer ist aber ohne Frage „Meltdown!“. Dieser Song vereint alle großartigen Eigenschaften der Band: Tempo, Energie und Wut gemischt mit viel Melodie, ohne anbiedernd zu klingen.

Great Collapse sind mit ihrem Sound alles andere als aus der Zeit gefallen, vielmehr schaffen sie es, die Quintessenz modernen melodischen Hardcores zu verkörpern, ohne dabei ihre Wurzeln wie Black Flag oder Bad Brains zu vergessen. Ja, das sind große Worte, aber ich meine sie so. Schon lange nicht mehr hat mir eine Band solche Gänsehaut-Momente beschert, lange nicht mehr habe ich mich an meine frühe Punk-Jugend erinnert gefühlt. Großes Kino, volle Punktzahl, geilomeilo. Ach, ihr versteht schon.

[End Hits Records 2018]