Ein bisschen schmunzeln musste ich mit Blick auf das Cover des neuen While She Sleeps-Albums dann doch. Zu sehen ist nämlich ist ein großes rotes Fragezeichen auf einem weißen Vierer-Lautsprecher, unterlegt mit dem Albumtitel „So What?“. Warum das jetzt für mich nicht einer gewissen Ironie entbehrt? Visuell verkörpert die Platte im Grunde exakt meine bisherige Einstellung zur Band aus Sheffield: Namentlich durchaus präsent, aber musikalisch einfach eine weitere Band in einem von Übersättigung geplagten Genre und die sich mir aufdrängende Frage: Braucht es noch mehr Core-Bands mit poppigem Einschlag?

Dieses Mal wollte ich While She Sleeps nicht ganz so gleichgültig gegenüber stehen, was letztlich auch ein bisschen meiner Enttäuschung über „Amo“, dem neuen Streich aus dem Hause Bring Me The Horizon, geschuldet war. Letztere verstehen es zwar mittlerweile zweifellos, im weitesten Sinne einzigartige Pop-Songs zu schreiben, aber eben nur im weitesten Sinne, denn Singularität sagt freilich noch nichts über die Qualität aus. Bei „So What? sieht die Sache etwas ambivalenter aus. Einerseits gehen While She Sleeps extrem professionell und zielstrebig vor, Songwriting und Sound offenbaren eine beachtliche Stringenz – der Status der Sheffielder in- und außerhalb der Szene ist also absolut gerechtfertigt. Andererseits liegt genau in dieser Stringenz aber auch ein bisschen die Krux. „So What?“ wirkt an einigen Stellen trotz des technisch hohen Niveaus doch etwas arg durchgeplant und vorhersehbar. Fans werden sich an diesem Umstand nicht weiter stören, denn wichtig ist schließlich, dass die Musik gut reingeht. Bisherige Skeptiker wie mich vermag das allerdings nur bedingt zu überzeugen. Den Mix aus Geprügel, Geschrei, Klargesang und Melodie haben Veteranen wie Underoath mit ihrem Comeback-Album „Erase Me“ besser hinbekommen. Ein Vergleich auf hohem Niveau, der aber insofern berechtigt ist, weil While She Sleeps hinsichtlich ihres Bekanntheitsgrad bereits durchaus in dieser Liga mitspielen.

Ich bin auch nach mehreren Durchläufen immer noch hin- und hergerissen. Die technische Raffinesse der Briten ist ohne Frage bemerkenswert, zumal die Jungs glücklicherweise nicht (wie die anderen Sheffielder um Oliver Sykes) ins Überkitschige abdriften. Nichtsdestotrotz will sich ihre Spielart von Metalcore nicht so recht in meinem Ohr festsetzen. Auch wenn While She Sleeps das große Retortenband-Sterben in der Core-Sparte offensichtlich überlebt haben (und das aus nachvollziehbaren Gründen), stehen diese nach wie vor noch für genau jenen Sound, der mir ein wenig die Lust an Metalcore genommen hat. Ich gestehe While She Sleeps zwar nun eine größere persönliche Relevanz als vorher ein, das große Fragezeichen bleibt für mich aber bestehen: Brauche ich so eine Band wirklich? Fans werden diese Frage wohl eindeutiger beantworten können.

[Spinefarm Records 2019]