Meine Güte, was war ich damals geflasht, als Destroy Degenhardt vor ziemlich genau zwei Jahren „Das Handbuch des Giftmischers“ veröffentlichte. Mit seiner großartigen Atmosphäre blieb dieses für lange Zeit ein kleines Ausnahmealbum für mich – auch wenn (oder vielleicht gerade weil) die Texte des Rappers mitunter ziemlich düster waren und alles andere als Feel-Good-Charakter hatten.

Bis auf kleinere Features mit Oidorno und Koljah war es dann doch relativ schnell ruhig geworden um Destroy Degenhardt. Zumindest unter diesem Namen – weiter geht es gewissermaßen unter dem ähnlich destruktiven Pseudonym Vandalismus. „Destroy Degenhardt ist tot, es lebe Destroy Degenhardt“ also? Nicht ganz. Zwar ist der besagte Rapper auf seinem neuen Album „Freunde lügen nicht“ noch immer Fan von Samples, die in großer Zahl in, vor und nach den Tracks zu finden sind. Auch zeugen großartige Zeilen wie „Pack schlägt sich, Pack verlinkt sich“ noch immer von großer Abneigung gegen moderne Formen der Wichtigtuerei. Allerdings klingt Vandalismus deutlich mehr nach Battlerap als sein vorheriges Alias, zudem scheint der Abgrund aus Lethargie und Depression, der „Das Handbuch des Giftmischers“ maßgeblich zu dem großartigen Album machte, das es war, nicht mehr ganz so offensichtlich und hörbar. An vielen Stellen erinnert Vandalismus eher stark an die Lakonie und den Sarkasmus des Duos Zugezogen Maskulin. Keine Frage, „Freunde lügen nicht“ ist extrem eigenständig, ein Blick auf Tracks wie „Du liest die falschen Bücher“ oder „Boss der neuen Welt“ lassen keinen Zweifel, dass die beiden selbsterklärten Wahlberliner Vandalismus hörbar beeinflusst haben. Entsprechend verwundert es auch nicht, dass ZM-Rapper grim104 bei „Traumzauberbaum“ ein großartiges Feature zum Besten gibt. Interessanterweise klingt jedoch genau in diesem Track noch am ehesten Destroy Degenhardt durch. Klingt alles widersprüchlich? Das ist es in der Tat, umso mehr gefällt mir dieser musikalische Kniff allerdings.

Vandalismus‘ „Freunde lügen nicht“ ist, verglichen mit Destroy Degenhardts letztem Release, deutlich zugänglicher und weniger düster, aber nicht weniger genial. Der Rapper ist nun wesentlich direkter, was den Battlerap seiner zehn neuen Tracks zusätzlich unterstreicht. Und wer hier eine kleine Überraschung vertragen kann, führe sich bitte „Ich bin der Einzige, der vom Kippenholen wiederkommt“ zu Gemüte. So viel Melodie hätte ich dem Rapper offen gesagt nicht zugetraut. Will sagen: „Freunde lügen nicht“ sollte unbedingt angetestet werden.

[Audiolith 2019]