Auch wenn Fußballmeisterschaften und Schlagerpartys ganz oben auf meiner Hassliste stehen, kommen da Neujahrsvorsätze ziemlich nah ran. New year new me, so ein Scheiß. Viele Dinge ändern sich aber zum Glück nie oder erliegen nur sehr langsam dem omnipräsenten Drang nach Selbstoptimierung. The toten Crackhuren im Kofferraum sind ein gutes Beispiel hierfür: Die Berliner Riot Grrrrl-Band hat auch fünf Jahre seit ihrem letzten Longplayer „Mama ich blute“ nichts in puncto Exzentrik eingebüßt und schafft es noch immer, an den richtigen Stellen einen ernsten Unterton in ihre Musik zu platzieren. Und das, obwohl der Titel des neuen Longplayers „bitchlifecrisis“ durchaus große Selbstzweifel suggerieren könnte.
So schlimm ist es aber doch noch nicht, keine Sorge. „bitchlifecrisis“ bietet in einer Dreiviertelstunde genau das, was Fans und jene, die es noch werden wollen, glücklich macht: Gepflegter Hass gegen die nervigen Dinge im Leben („Jobcenterfotzen“) und der mal mehr, mal weniger ironische Umgang mit der eigenen Situation und Selbstachtung („Auf einem Bett aus Pizzaschachteln“) – und das in einem dezent trashig-tanzbarem NDW-/Electroclash-Gewand. Besonders in Bezug auf letztere liefert die Band Argumente für beinahe jede Situation. In „Crackhurensöhne“ beispielsweise erteilen die Crackhuren dem familiären und gesellschaftlichen Reproduktionsdruck eine klare Absage. Denn mal ehrlich: Warum Kinder in die Welt setzen, wenn sowieso schon alles beschissen ist und man mit sich selbst schon genug beschäftigt ist? Ein Argument, das ich selbst nur zu gut nachvollziehen kann und in Diskussionen immer wieder gerne anführe. Wem das zu ernst ist, findet auf „bitchlifecrisis“ natürlich auch wieder Songs, die einfach nur absurd komisch sind, seien es die beinahe nekrophilen Vibes, die „Patschuliöl“ versprüht, oder die Erkenntnis, dass Homeshopping-Kanäle der ultimative Lustkiller schlechthin sind („QVC gegen Geilheit“). Ganz klarer Anspieltipp mit großem Hit-Potenzial ist allerdings „Minus 1“, bei dem kein geringerer als Juse Ju ein paar Zeilen zum Gepöbel beisteuert.
„bitchlifecrisis“ zementiert das übergroße What-the-fuck, das seit jeher über den Crackhuren wie ein Damoklesschwert schwebt. Durch eine wirklich clevere und halbwegs ernste Metaebene (Gott, wie ich dieses Wort eigentlich hasse) verhindert die Band allerdings, dass sie in die völlige Absurdität abrutscht und dadurch albern wirkt. Mit diesem Balanceakt verkörpern die Crackhuren letztendlich Punk in Reinform. Oder wenn ich es auf eine platte Phrase herunterbrechen müsste: Alles kann, nichts muss. Und alles klappt.
[Destiny Records 2019]