Denke ich in musikalischer Hinsicht an Kanada, fallen mir einige ziemlich gute Hardcore- und Metal-Bands ein. Und Neil Young. Was andere Musikstile anbelangt, ist der Staat in Nordamerika ein relativ unbeschriebenes Blatt. Gerade in puncto traditionellere Spielarten des Folk scheine ich einen gewissen Nachholbedarf zu haben. Wem das ähnlich geht, dem sei gleich gesagt: The Stanfields sind hierfür eine gute Möglichkeit.
Seit ihrer Gründung 2008 im kanadischen Halifax, Nova Scotia, bereits vier Studioalben veröffentlicht, mit „Limboland“ rückt Nummer fünf nach. Mit Calen Kinney (Violine) und Dillan Tate (Bass) ist die Zahl der Bandmitglieder zudem auf fünf gewachsen. Und als sei das nicht genug, haben sich The Stanfields für ihr neues Album weitere Verstärkung geholt: Auf „Total Black“ wirkt das mit mehreren Musik-Preisen ausgezeichnete Celtic-Duo Cassie und Maggie MacDonald mit. Beide stammen ebenfalls aus Halifax und machen in dem Song mit The Stanfields deutlich, wie groß die Schnittmenge des Nova Scotia-Folks und den schottisch-irischen Wurzeln der fünfköpfigen Band ist. „Lantern in the window“ ist hierfür ein weiteres gutes Beispiel. Doch wer nun zu viel Heimattümelei erwartet, dürfte bei „Your flag (Won’t save you anymore)“ aufatmen: „Your flag won’t save you anymore / keep the ocean from rising up and washing away the shore“.
Zugegeben, ich höre eher wenig Folk und wenn, dann eher in Kombination mit Punk oder von Konsens-Künstlern wie Frank Turner oder Brian Fallon. Entsprechend musste ich mich erst mal an den doch relativ traditionell klingenden Sound von The Stanfields gewöhnen. Letztendlich sind es aber die rockigeren Songs mit weniger Folk wie „Desperation“, die mir „Limboland“ schmackhaft gemacht haben. Mein absoluter Favorit ist jedoch „Blow Winds Blow“, der gerade anfangs stark nach Bob Dylans „Masters of War“ klingt und als Bonus Track der CD-Version eine echt gute Figur macht. Kurzum: Wer auf schwermütigen Folk mit Reibeisenstimme steht, sollte ein Ohr riskieren.
[Rookie Records 2018]