Während gerade jede*r irgendwas mit Indie, Punk und Whatevercore macht, gibt es sie noch: jene Bands, die sich schnörkellosen Rock auf die Fahnen geschrieben haben. Bevor man mich gleich mit einem „OK Boomer“ abstraft, möchte ich die Berliner Band Chaos Commute als gutes Beispiel anführen, dass man nicht immer allen musikalischen Tagestrends hinterherrennen muss, um gute Musik zu machen. Oder um es etwas pathetischer auszudrücken: Wenn man die Musik fühlt und der Band das abkauft, was sie spielt – ganz gleich, ob das nun den persönlichen Geschmack absolut trifft oder nicht.

The Pinpricks aus Kiel erfüllen bei mir sogar beide Kriterien. Nach ihrer Debüt-EP „Hunger“ schickt sich das Trio an, nicht nur jene zu überzeugen, die Lust auf einen Nachschlag haben. Mit „Bait“ legen die Musiker*innen sprichwörtlich den Köder aus und ich soll verdammt sein, wenn den nicht eine ganze Menge Leute schlucken. Auch wenn die neue Platte definitiv ein dicker Brocken ist, geht sie unglaublich gut runter: druckvolle Riffs, gepaart mit einem nachvollziehbaren und verdammt eingängigen Songwriting sowie der treibenden Stimme von Sängerin und Gitarristin Ronja. Pressestimmen haben sie bereits als eine Kreuzung aus Janis Joplin und Sheryl Crow beschrieben, und so sehr hinkt der Vergleich tatsächlich nicht. Der Sound der Kieler*innen erinnert stark an The Bronx, Hands Off Gretel und die eingangs erwähnten Chaos Commute. Der Bezug auf letztere ist gerade deswegen so passend, weil man bei The Pinpricks ebenso das Gefühl hat, es soundtechnisch mit deutlich mehr Bandmitgliedern zu tun zu haben als da auf dem Pressefoto oder der Bühne zu sehen sind.

Acht Songs sind schon fast ein bisschen wenig, aber wofür gibt’s den Repeat-Knopf? Schon mit dem Opener „Cast Off Your Shadow“ nimmt die Band dermaßen Fahrt auf, dass sie auf EP-Länge nicht mehr zu bremsen ist und man sich eigentlich wundert, warum der Dreier nicht gleich nochmal acht Songs hintendran gepackt hat. Wer druckvollen und vor allem schnörkellosen Rock mit einem fetten Arschtritt und ohne Guns n‘ Roses-Kitsch steht, hat mit The Pinpricks nicht nur einen Geheimtipp, sondern möglicherweise seine beziehungsweise ihre neue Lieblingsband gefunden. Volle Punktzahl!

[Toanol Records 2020]