Meinen ersten Kontakt mit Swain hatte ich vor zweieinhalb Jahren im Berliner Jugendkulturzentrum Linse. Damals spielten die Niederländer im Vorprogramm von The Saddest Landscape, Dangers und Svalbard und haben (wie alle anderen) ordentlich auf die Kacke gehauen. Das Swain-Set war für mich eine kleine Zeitreise in die 90er, als Kurt Cobain schon tot, aber Nirvana nicht minder populär war. Diesen Sound hatten sich die Jungs auf die Fahnen geschrieben, aber nachvollziehbar mit Hardcore-Elementen angereichert. Kurzum: Ich war einigermaßen begeistert. Zu meinem Bedauern habe ich die Band seitdem nicht mehr wirklich verfolgt, mir genau das aber umso mehr vorgenommen, als ich von einem neuen Album erfuhr.
Und da wären wir. Die neue Platte trägt den Titel „Negative Space“ und trägt damit die Grundstimmung, die die Band stets verbreitet hat, schon mal adäquat weiter. Musikalisch fällt jedoch schnell auf, dass die Band auf ihrem neuen Longplayer deutlich ruhiger zu Werke geht und die 90er-/Grunge-Schrauben nochmal ordentlich angezogen hat. Für Liebhaber*innen ihrer alten Stücke mag da im ersten Moment etwas fehlen, was aber schon nach einem Durchgang mitnichten der Fall ist. Die Fokussierung auf den besagten Schwerpunkt zeigt, dass die Band ihren Stil durchaus gefunden hat. Bemerkenswert ist in dieser Hinsicht aber vor allem der Umstand, dass „Negative Space“ nicht nur beim ersten Versuch straight reingeht, sondern bei jedem weiteren Durchlauf mehr und mehr Facetten des Sounds offenbart. Hier eine Referenz an die Red Hot Chili Peppers („Self“), da ein bisschen Seether („But Then What?“) und ansonsten Radiohead aus jeder Pore. Das Sahnehäubchen sind ohne Frage die Features vonseiten Caspers („Skin On Skin“) und Touché Amoré-Sänger Jeremy Bolm („Same Things“). Letzteres ist zwar ein klarer Hit, ersteres zaubert mir aber mit einem Sound, der schon fast ein wenig nach Korn klingt, eine nostalgische Gänsehaut auf die Pelle.
90er-Alternative Rock-Fans bekommen mit „Negative Space“ ein kleines Standardwerk, das trotz seiner unmittelbaren Eingängigkeit nicht langweilig wird, sondern sich eher nach und nach entfaltet – ohne aber ein klassischer Grower zu sein. Swain haben sich zwar von ihrem Hardcore-Sound deutlich gelöst, aber das war – und das sage ich als Hardcore-Kid – eine mehr als richtige Entscheidung. Ausreden, diese Platte links liegen zu lassen, gibt’s also keine.
[End Hits Records 2019]