Der Umstand, dass in immer mehr Staaten autoritäre und reaktionäre Kräfte an Bedeutung gewinnen und teils sogar die Regierungsverantwortung übernehmen, ist ohne Frage bedenklich. Das drückt sich nicht nur in der jeweiligen (inter-)nationalen Politik aus, sondern bereits im Alltag: Positionen, die vor einigen Jahren noch völlig zurecht als untragbar stigmatisiert waren, sind heute relativ problemlos verhandelbar, entsprechend sind soziale Netzwerke noch stärker zu maßlosen Shitholes verkommen und zvilisierte Diskussionen kaum noch möglich.

Während sich viele Länder noch gegen den sogenannten Rechtsruck (ich persönlich finde diesen Ausdruck zu verharmlosend) stellen, ist dieser in einigen Staaten bereits vollzogen. Als mit Jair Bolsonaro ein lupenreiner Faschist zum Präsidenten Brasiliens gewählt wurde, war das Entsetzen gemeinhin groß. Auch wenn meine Bemerkung angesichts der wirklich beschissenen Lage der demokratischen und emanzipatorischen Brasilianer*innen zynisch anmutet: Die genannten Umstände liefern eine Blaupause für ein wirklich starkes Punk-Album – genauer gesagt für „Living In Darkness“, den neuen Longplayer von Statues On Fire. Die Band aus São Paulo hat sich sechs Jahre nach ihrer Gründung auch außerhalb Südamerikas längst einen Ruf als Garant schnellen und melodischen Punk Rocks erspielt – ein Umstand, der mit dem neuen Album und dem bezeichnenden Titel noch verstärkt werden dürfte. In knapp 40 Minuten findet man alles, was das Melodic Punk Rock-Herz begehrt und fühlt sich dabei stark an Strike Anywhere und Propaghandi erinnert. Trotz dieser klaren Referenzen gelingt es Statues On Fire allerdings, einen eigenen Sound zu präsentieren und damit hervorzustechen. Exemplarisch hierfür steht sicherlich die vorab veröffentlichte Single „Marielle“, welche die Ermordung der Menschenrechtsaktivistin Marielle Franco durch Polizisten in Rio de Janeiro anprangert. Deutlich ruhigere Töne schlägt beispielsweise „Letter To You“ an und erinnert mich dabei frappierend an Ignites großartigen Song „Live For Better Days“. Sweet nostalgia.

Wer die bisherigen Zeilen noch nicht als ausdrückliche Empfehlung für „Living In Darkness“ verstanden hat, begreift es hoffentlich eher so: Bereits Fan von Statues On Fire? Pflichtkauf. Noch kein Fan? Pflichtkauf. „Aber ich mag doch gar kein Punk Rock“. Pflichtkauf, du wirst es mögen.

[Rookie Records/Snubbed Records 2019]