Dass ich baff vor Bühnen stehe, passiert mir erschreckend oft. Besonders fasziniert war ich aber, als ich Januar 2017 im Berliner Badehaus Club mit zwei Freund*innen eine Band sah, die mir bis dato nicht bekannt war, aber von allen vergöttert wurde: PUP. Als die vierköpfige Band aus Kanada dann in die Saiten, Kessel und Stimmbänder schlug, erkannte ich nicht nur, wie berechtigt der Hype um die Jungs, sondern auch wie fatal sich meine Ignoranz mal wieder war. Mit ihrem einzigartigen gelebten Garage Punk-Widerspruch aus Melodie, Eingängigkeit und doch einer gewissen Grundsperrigkeit holten die Kanadier auch die allerletzte Person im ausverkauften Badehaus ab und sorgten für eine prächtige Stimmung – eine Wahrnehmung, die sogar auf ihre Studioalben zutrifft.

Eigentlich könnte ich es kurz machen: Mit Blick auf ihr neues Album „Morbid Stuff“ reißt dieses Gefühl bei mir nicht ab, und Die Hard-Fans wird es nicht anders gehen. Dennoch legen PUP auf ihrem neuen Longplayer nochmal eine Schippe drauf und wirken, wie bereits im Ankündigungstext zum Album angepriesen, fokussierter und erwachsener. Soll heißen: PUP bleiben PUP, aber eben noch intensiver. Das drückt sich vor allem in den makabren Texten der Band aus, in welchen Sänger Stefan Babcock den Kampf gegen Depressionen verarbeitet und einen tiefen Einblick in die menschliche Psyche gewährt. Trotzdem kommt man nicht umhin, hier und da mal fett zu grinsen, zumal die Melodien und Gruppengesang einfach zu ansteckend sind. Das ist genau dieser schroffe Gegensatz, den ich an der Band so schätze.

„Morbid Stuff“ stellt ohne Frage bisher den Gipfel von PUPs Schaffen dar – ein Umstand, den sogar Kritiker*innen anerkennen werden müssen. Fans der Band können sich jedenfalls tiefenentspannt zurücklehnen und sich auf ein wirklich außergewöhnlich gutes Album freuen. Und wenn ich bei PUP wieder mal baff vor der Bühne stehe, weiß ich wenigstens genau warum.

[Rise Records 2019]