Wie leidenschaftlich über Musik gestritten wird, zeigt sich an vielen Beispielen, jüngst an „Amo“, dem neuesten Streich aus dem Hause Bring Me The Horizon. Ein ordentlicher Verriss im Szene-Magazin FUZE zeigt, dass Konsument*innen härterer Musikspielarten in Sachen Pop vergleichsweise schwer zu beeindrucken sind beziehungsweise höhere Maßstäbe anzusetzen scheinen. Dieser Umstand trifft auch auf mich selbst durchaus zu, zumal ich im Vergleich zu jener Musik, mit der ich sozialisiert wurde, teils weitaus weniger Referenzen kenne und dementsprechend anders urteile.
Diese Feststellung spürte ich mal wieder, als ich „Smoke Signals“, das neue Album der Dresdner Band No King. No Crown., auf den Ohren hatte. Obwohl ich beim Namen eher an eine etwas prollige Hardcore-Band denken musste, stellte sich das Album als das komplette Gegenteil heraus: „Smoke Signals“ ist melodisch, melancholisch, atmosphärisch und verträumt. Das Quartett nimmt sich viel Zeit, um ihre Soundkulisse zu spinnen, in welcher Sänger und Gitarrist René Ahlig persönliche Empfindungen zwischen innerer Zerrissenheit und ökologischer Verantwortung teilen kann. Auf der ersten Albumhälfte geht dieses Konzept gut auf und die Band weiß mich mit dem träumerischen Indie-Folk-Gemisch durchaus einzunehmen. Im weiteren Verlauf, und dieser Umstand ist etwas schade, geht der Platte aber ein wenig die Luft aus. Nach ungefähr einer halben Stunde habe ich einen guten Eindruck von der Band, danach zieht sich das Album ein wenig. Zwei oder drei Songs weniger hätten „Smoke Signals“ in meinen Augen gut zu Gesicht gestanden.
Ohne meine Meinung gleich relativieren zu wollen, muss ich an dieser Stelle nochmal auf meinen Laienstatus in puncto poppiger Indie und Folk hinweisen. Eingefleischte Fans der genannten Sparten sollten die Band unbedingt antesten! Auch wenn ich mich mit Acts wie No King. No Crown. auf Albumlänge noch etwas schwer tue, schaffen es die Dresdner dennoch, mich zu unterhalten und an die genannten Genres heranzuführen. Und das will schon was heißen. Einen kleinen (augenzwinkernden) Bonus gibt’s zudem noch für die erste Gitarrenmelodie im gleichnamigen Song des Albums, weil er mich extrem an „Last Train Home“ von lostprophets erinnert.
[Kick The Flame 2019]