Ein Umstand ist unbestritten: Neonschwarz haben in den letzten Jahren einen beachtlichen Eindruck in der deutschen Musiklandschaft hinterlassen. Liebevoll Audioliths Lambada-Gang oder einfach Schwizzys genannt, eroberte ihr durchaus poppiger Rap mit Message die Herzen vieler Menschen im Sturm, und das vor allem auch außerhalb der linksradikalen Blase. Zugleich steht die Hamburger Combo für einen Wechsel des Genre-Schwerpunkts beim Kultlabel Audiolith: Vorbei sind die Jahre des knarzigen Electro-Punks der Marke Saalschutz, Frittenbude und Egotronic, vielmehr setzt das Label mit dem Hand-Logo nun auf Rap Acts wie DiscoCtrl, Waving The Guns und eben Neonschwarz. Mit Blick auf die ausverkauften Touren und die allgemeine Popularität der zuletzt genannten Acts war das sicherlich eine gute Wahl, und Neonschwarz scheinen das genauso zu sehen. Schließlich steht nun (pünktlich zum Zwei-Jahres-Turnus) mit „Clash“ das mittlerweile dritte Album in den Startlöchern. Die Erwartungen fallen hier wohl je nach Standpunkt unterschiedlich aus: Fans vertrauen dem Quartett quasi blind, während Kritiker*innen nun ein echtes Hammer-Album erwarten, das an die hohe Qualität der Vorgänger „Fliegende Fische“ und „Metropolis“ anknüpfen kann.

Was nun der Fall ist? Schwer zu sagen. Ich habe mir mit „Clash“ erstaunlich schwer getan, obwohl ein Großteil der Songs wie erwartet direkt einen Weg in den Gehörgang findet. Noch viel stärker als auf den Vorgängeralben setzen die Schwizzys auf Eingängigkeit und Pop Appeal, was an sich gut funktioniert. Dennoch verlässt sich der Vierer für meinen Geschmack ein bisschen zu sehr auf dieses Prinzip, und ironischerweise bin ich gerade auf den besonders zugänglichen Tracks nicht wirklich kleben geblieben. Vielmehr sind es ernstere und reduziertere Nummern wie „Der Opi aus dem 2. Stock“, die dem Album gut zu Gesicht stehen. Eine besondere (und vor allem positive) Überraschung ist für mich aber „2018“, das in der Tradition seiner Vorgänger „2014“ und „2015“ von den ersten beiden Alben eine Art jährliche Bilanz zum scheinbar nicht aufzuhaltenden Rechtsruck in Deutschland zieht. An dieser Stelle sei angemerkt, dass ich den Begriff „Rechtsruck“ für die Beschreibung dieses Phänomens eigentlich unpassend weil gänzlich untertrieben finde. Das müssen auch Neonschwarz feststellen, wenn Captain Gips rappt: „Jeder weiß, Geschichte kann sich wiederholen | Doch ich gebe zu, in meiner Seifenblase hätt‘ ich nicht gedacht | Dass es so schnell passiert und ich mir überlegen muss | Wie lang ich bleibe, alles wackelt, alles brennt“. So viel Reflektiertheit vermisse ich bei so manchen linken Acts, von denen viele einfach immer weiter lamentieren anstatt sich zu fragen, warum die ständige Beteuerung, antifaschistisch zu sein, eben offensichtlich nicht ausreicht.

Keine Frage, Neonschwarz machen ihre Fans mit „Clash“ ohne Probleme glücklich: Die Tracks haben Bums und gehen direkt ins Blut, entsprechend hoch ist die Hit-Dichte auf dem Album. „Maradona“ und „Fieber“, die bereits im Vorfeld inklusive Video veröffentlicht wurden, zeigten eigentlich schon ziemlich gut, welchen Weg die Schwizzys weiter beschreiten. Wie gesagt, Fans können sich beruhigt zurücklehnen, mich persönlich vermag „Clash“ nicht unbedingt umzuhauen. Auch wenn das Album in seiner Gesamtheit solide ist, treten Neonschwarz musikalisch und auch textlich ein wenig auf der Stelle und setzen meiner Meinung nach zu sehr auf Pop Appeal. Die entschiedene politische Haltung bleibt allerdings das Fundament der Combo, weshalb ich schlecht etwas dagegen sagen kann, wenn die Musik des Vierers mehr Menschen zum Nachdenken anregt. In problematischen Zeiten wie diesen ist das eine wirklich wertvolle Fähigkeit.

[Audiolith 2018]