„Das Gros der produzierten Indiemusik langweile ihn.“ Mit diesem Satz kassiert Jimmi Jo Hueting gleich ordentlich Sympathiepunkte von mir, denn der Niederländer spricht mir hier absolut aus der Seele. Viel zu sehr haben mich vor allem bekannte Indie-Bands durch ihr arrogant und künstlich gelangweiltes Auftreten und ihre Beliebigkeit abgeschreckt, sehr zum Ärger meines musikalischen Umfelds in Jugendjahren. Mit der oben zitierten Aussage legt Hueting die Messlatte für sein eigenes Projekt Jo Goes Hunting allerdings auch ganz schön hoch.

So viel vorab: „Come, Future“, das neue Album der Band, hört man nicht mal eben in einem Durchgang durch und weiß dann Bescheid. Die Songstrukturen sind mitunter echt komplex, der vertrackte Sound fordert ein hohes Maß an Aufmerksamkeit. Nichtsdestotrotz ist die Platte an vielen Stellen erstaunlich eingängig, was mit jedem Durchlauf immer besser wird. In gewisser Weise erinnert „Come, Future“ an ein umfangreiches Videospiel, in dem man bei jedem neuen Durchgang immer wieder etwas Neues entdeckt. Die breite Soundpalette, analoge Synthesizer und die markante Gesangsstimme versprühen einen angenehmen Retro-Charme, ohne völlig altbacken zu klingen. Als Referenzen für Jo Goes Hunting werden oft Grizzly Bear und The Dirty Projectors genannt, aber hier ein (zugegeben recht steiler) Vergleich für die Hardcore-Kids: Würden Converge Indie-Pop mit Elektro-Elementen spielen, müssten sie sich in Jo Goes Hunting umbenennen.

Hat man sich ein oder mehrere Male durch „Come, Future“ gehört, ist ziemlich nachvollziehbar, warum Jimmi Jo Hueting vom Durchschnittsindie gähnen muss. Jo Goes Hunting vereinen nämlich so viele Einflüsse und Sounds in ihren Songs, dass man schon von einem neuen Genre sprechen könnte. Die Vertracktheit der Songs, die anfangs beim Hören noch gewisse Probleme bereiten dürfte, entpuppt sich aber ironischerweise mehr und mehr als strukturgebende, rettende Hand, die einen vor dem Ertrinken im weiten Soundmeer bewahrt. Anspieltipp: „Confusion“!

[Backseat 2018]