Die große Welle der verkopften Indie- und Punk-Bands, welche in den meisten Studi-WGs unangefochtener Konsens waren, habe ich offen gesagt halb bewusst verpennt. Zum einen, weil ich ihnen musikalisch nicht allzu viel abgewinnen konnte, zum anderen aber auch insgeheim, weil ich mit dieser Richtung viele Menschen in Verbindung brachte, die ich absolut nicht leiden konnte. Im Nachhinein vielleicht etwas kleinlich, ich weiß. Aber seit ein paar Jahren gelobe ich Besserung, wie meine bisherigen Reviews zeigen.

Dieser Umstand sorgt dafür, dass ich mit „Nicht raus, aber weiter“ ein weiteres Release dieser Spielart genießen kann. Verantwortlich für dieses Album zeichnen sich Hi! Spencer aus Osnabrück, die wie ein Querschnitt jener Bands klingen, die ich eingangs erwähnte. Soll heißen: Irgendwo zwischen Muff Potter, Tomte und Jupiter Jones (bevor letztere anfingen, weichgespülten Mist zu machen) haben die Osnabrücker noch eine kleine Nische gefunden, in der Platz für sie ist. Und wenn man sich den neuen Streich der Band so anhört, scheint es, als hätte diese Nische auf Hi! Spencer gewartet. Nicht nur textlich, sondern auch musikalisch und letztlich auch ästhetisch verkörpern die Jungs den Spagat zwischen Selbstzweifel, Resignation und Aufbruch – und das ohne abgedroschen zu klingen. An dieser Stelle sei nochmal der Titeltrack „Nicht raus, aber weiter“ inklusive Video wärmstens empfohlen.

Eine Vielzahl an Spotify-Plays ist eine Sache, in jedem Fall wundere ich mich aber, dass Hi! Spencer immer noch ein bisschen den Status des Szene-Geheimtipps zu haben scheinen. Ein Umstand, den sowohl die Band als auch Uncle M schleunigst ändern werden, hoffe ich.

[Uncle M 2019]