Zugegeben, Frankreich ist für mich vor allem bezüglich Punk und Hardcore ein ziemlich weißer Fleck auf Landkarte – besonders hinsichtlich jener Bands, die in ihrer Muttersprache singen. Guerilla Poubelle, die nach einer kurzen Recherche meinerseits zu einer der heißesten Punk Rock-Bands Frankreichs gezählt werden, kannte ich bisher nur von T-Shirts. Nun googelt man natürlich nicht jede Band, deren Leibchen man auf Konzerten oder im Alltag erblickt, aber in manchen Fällen stellt sich das im Nachhinein als großer Fehler heraus.

So auch im Fall Guerilla Poubelle. Es dauert keine Millisekunde, bis die melodische Mische aus Skate- und Streetpunk sowie ein bisschen Hardcore bei mir zündet. Insofern ist der Titel ihres fünften Albums „L’Ennui“ (Langeweile) ein wenig irreführend, denn langweilig ist hier absolut gar nichts – nicht nur in musikalischer Hinsicht. Auch textlich bleiben die Pariser ihrem Genre treu und prangern an, was es eben so anzuprangern gibt auf der Welt: die systemische Beschissenheit des Kapitalismus („Le casse du siècle“), Geschlechterrollenzwang („Vampire“), das Sterben auf dem Mittelmeer („Mare Nostrum“), aber auch ein bisschen Sehnsucht nach mehr Klassenkampf („La guerre des pauvres“). An dieser Stelle ein dickes Dankeschön an Gunner Records, ohne deren Erläuterung zu den Songtexten ich angesichts meines Grundschul-Französisches wohl kaum ein Wort verstanden hätte.

„L’Ennui“ ist pure Energie und gehört in jeden Punk Rock-Plattensammlung, deren Besitzer*in politisch noch nicht völlig resigniert ist – was angesichts der politischen Ereignisse in den letzten Jahren gar nicht so selbstverständlich wäre. Guerilla Poubelle schaffen es aber, ihre Wut auf die Verhältnisse passgenau in die richtige Musik zu gießen, und diesen Umstand hört man den Jungs auch ganz ohne große Französischkenntnisse an. Definitiv ein Pflichtkauf!

[Guerilla Asso/Gunner Records 2020]