Es dürfte nur sehr wenige geben, denen Polarkreis 18 kein Begriff ist. Falls gerade du zu dieser Minderheit gehören solltest: Die Band aus Dresden, welche unter diesem Namen zwischen 2004 und 2012 bestand, wurde vor allem ab 2008 durch ihren Überhit „Allein Allein“ einem großen Publikum bekannt. Der Song schoss in die Charts und setzte sich dort lange fest, wie auch wohl in so einigen Gehörgängen. Es folgte die Teilnahme beim Bundesvision Song Contest 2009 sowie eine Echo-Nominierung in der Kategorie „Bestes Video“, eine Tour im Vorprogramm von Depeche Mode sowie letztlich eine goldene Schallplatte für 100.000 verkaufte Exemplare des Albums „The Colour of Snow“.

Mit der Auflösung im Jahr 2012 wurde es um die Bandmitglieder mitnichten still. Besonders Frontmann Felix Räuber setzte seine Tätigkeit als Sänger, Produzent und Komponist fort, sodass er nun Ende Mai sein Solo-Debüt „WALL“ präsentieren kann. Wenngleich Polarkreis 18 für mich natürlich eine Referenz sind, ging ich ohne große Erwartungen an die EP heran, hatte ich mich doch nie eingehend mit der Dresdner Band beschäftigt. Zugegeben, der erste Kontakt war etwas schwierig. So versteht es Felix Räuber zwar zweifellos, Songs zu schreiben. Das muss ich unabhängig meines Musikgeschmacks anerkennen. Allerdings wirkte gerade der Opener und zugleich die erste Single-Auskopplung „Wall“ übertrieben orchestral und dermaßen episch auf mich, dass es mich etwas überrumpelte. Auch mit „Every Motion“ und seinen elektronischen Spielereien als Herzstück des Songs wusste ich nicht so recht etwas anzufangen. Nach einigen Durchläufen erschienen mir die Kompositionen und Strukturen zwar wesentlich nachvollziehbarer, so richtig will der Funke bei mir aber nicht überspringen. Auch wenn Felix Räuber sein Handwerk zweifelsohne beherrscht, sind mir seine Songs irgendwie zu überladen und zu glatt. Die Fusion aus Pop, Neoklassik und elektronischer Musik erinnert sehr an Nils Frahm, wohl auch ein Grund, weshalb ich mit „WALL“ nur bedingt warm werde. Ólafur Arnalds beispielsweise gelingt diese Fusion um einiges unaufgeregter. Vom Kauf abraten möchte ich allerdings nicht, weil ich mir vorstellen kann, dass die Musik Felix Räubers viele Menschen zu berühren vermag. Einfach mal ausprobieren.

[Every Motion Records 2018]