Genreübergreifende Sympathie und Solidarität sind etwas, das man gar nicht hoch genug schätzen kann. Diesen Luxus genießen Feine Sahne Fischfilet ohne Frage: Mit „Scheitern & Verstehen“ gelang der Combo aus Mecklenburg-Vorpommern 2012 der Durchbruch, was nicht zuletzt an diversen Einträgen in den Verfassungsschutzberichten des besagten Bundeslandes liegen dürfte. „Linksextremismus“ und „Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung“ war der Vorwurf. Blanker Hohn angesichts der erschreckend gut organisierten Neonazi-Szene in Meck-Pomm, aber hey. Die Band sowie ihr Label Audiolith freuten sich über die kostenlose Promo und bedankten sich gar mit einem Präsentkorb. Während die Vorwürfe hier offensichtlich noch mit Humor aufgenommen wurden, war ich tatsächlich wütend ob der zynischen Begründung, denn ich betrachtete die Band stets als ein wichtiges politisches Korrektiv in einem Bundesland, in dem Faschos gerade im ländlichen Raum nicht selten die lokale (Jugend)Kultur dominieren. FSF werden zudem nie müde, auf rechte Umtriebe und den Alltagsrassismus in Deutschland hinzuweisen. Ein Engagement, das ich angesichts ihrer Bedrohungssituation zutiefst bewundernswert und mutig finde.

Mit der wachsenden Popularität musste sich die Band auch zunehmend die Kritik gefallen lassen, die Musik sei stumpf und voller linker Plattitüden. Ach komm! Was soll dieser Vorwurf? Ich bin wirklich froh, dass nicht jede neuere Punk-Band so verkopft und emotional wie Turbostaat klingt. Und das ist mit dem neuen Longplayer „Sturm & Dreck“ glücklicherweise nicht anders. Noch immer spielen FSF mitreißenden Punk mit Ska-Trompeten und einer gewissen Indie-Balladen-Schlagseite. Dass alle Songs unverschämte Ohrwürmer sind, sollte eigentlich klar sein. Allerdings klingt „Sturm & Dreck“, und der Titel scheint es bereits anzudeuten, deutlich punkiger und kraftvoller als sein Vorgänger. Gleich der Opener „Zurück in unserer Stadt“ poltert straight los und offenbart innerhalb weniger Sekunden sein Hit-Potenzial. Auch der folgende Song „Alles auf Rausch“ schlägt in eine ähnliche Kerbe und ist zugleich eine liebevolle Kampfansage an all die rechten Kackspechte, für die sich FSF wie ein linker Stachel im eigenen Fleisch anfühlen: „Wenn wir sehen, dass ihr kotzt, geht es uns gut.“ Keine Zeile fasst die Einstellung der Band besser zusammen, denn trotz aller Pöbeleien und Einschüchterungsversuche von rechts ziehen die Jungs genau aus dieser Antipathie ihren Antrieb. Mein persönlicher Favorit allerdings: „Dreck der Zeit“. Wenn hier live nicht die Fäuste oder gleich die Leute durch die Luft fliegen, weiß ich auch nicht.

Neben all der politisch begründeten Wut, die sich in kraftvollen Punk-Songs entlädt, finden sich auf „Sturm & Dreck“ selbstverständlich auch wieder balladenhafte, ruhigere Titel. „Wo niemals Ebbe ist“ und „Alles anders“ verkörpern Euphorie und Freude, aber auch Sehnsucht und Melancholie, kommen aber nicht ganz an den Tränendrüsen-Faktor von „Warten auf das Meer“ vom letzten Album heran. Ein Mittelweg zwischen Punk und Ballade ist hingegen „Zuhause“, dessen Wirkung sich im Kontext des dazugehörigen Musikvideos erst so richtig entfaltet und für Gänsehaut sorgt. Wow.

Kurzum: Experimente gibt’s auf „Sturm & Dreck“ wahrlich keine, was der Band aber keinesfalls schaden dürfte. Sprich: Eingängiger Punk mit viel Pathos, Gefühl und einer angenehmen Portion Pöbelei. Fans bekommen also genau das, was sie kennen und lieben, während Kritiker*innen der Band sich in ihrer Abneigung bestätigt sehen dürften. Jedenfalls gönne ich den Jungs den Erfolg von ganzem Herzen und bin überzeugt, dass sie all den rechten Arschkrampen in diesem Land noch lange gewaltig auf den Piss gehen.

 

[Audiolith 2018]