
In meiner Jugend war Indie ein recht kurzer, aber in meinem Umfeld ein sehr intensiver musikalischer Trend, der keine*n spurlos zurückgelassen hat. Außer mich. Bei mir sollte es noch bis zu meinen Zwanzigern dauern, bis ich mit Bands wie den Arctic Monkeys oder The Bongo Club etwas anzufangen wusste. Seitdem erarbeite ich mir Schritt für Schritt ein Basis-Wissen in puncto Indie und Alternative. In dieser Hinsicht kann ich dem Hamburger PR-Management und Label Backseat gar nicht genug danken, das mich zuverlässig mit dem heißesten Scheiß aus den Sparten Alternative, Indie und Singer-Songwriter versorgt. Props dafür an dieser Stelle.
Mit „You Say I’m Too Much, I Say You’re Not Enough”, dem Debüt-Album der walisischen Band Estrons, haben die Backseat-Boys Sebastian und Arne mal wieder eine richtige Perle in meine Playlist gespült. Man verzeihe mir an dieser Stelle das wirklich fürchterliche Wortspiel, aber die Platte ist einfach der Wahnsinn. Es dauerte keine zehn Sekunden, bis ich gute Lust habe, auf dem Sofa zu hüpfen und so richtig in die Luftgitarre zu hauen. Estrons, deren Name walisisch ist und so viel wie „Außenseiter“ oder „Fremde“ bedeutet, schaffen eine nahezu perfekte Symbiose aus Indie Rock, Alternative und Punk. Die Songs sind energiegeladen, noisig und sperrig, aber doch zugleich unglaublich eingängig und organisch. Auch wenn jeder einzelne von ihnen ein potenzieller Hit ist, sticht „Make A Man“ nochmal besonders hervor: Mit einem druckvollen 2000er-Indie-Vibe scheppert die Band um Sängerin Taliesyn Källström alles weg und dürfte einiges zur Völkerverständigung zwischen den orthodoxen Punk- und Indie-Lagern beitragen.
„You Say I’m Too Much, I Say You’re Not Enough” macht alles richtig und ist eindeutig meine Indie-Platte des Jahres. Punkt. Oder um es frei nach dem Albumtitel zu formulieren: Dir ist diese Art von Indie zu rotzig und zu viel? Dann hast du eben Pech, Keule. Vielleicht bist du einfach zu langweilig.
[Gofod Records 2018]