Sofern man es nicht übertreibt, kann Nostalgie was verdammt Schönes sein. Mit Ende Zwanzig ertappe ich mich immer öfter dabei, wie ich mich bei teils wirklich altklugen Aussagen ertappe. Häufigster Satz: „Krass, diese Musik wird gerade so gehyped? Das fand ich vor über zehn Jahren schon cool, wurde dafür aber damals eher verspottet.“ Wie gesagt, solange man es mit dieser „Before it was cool“-Indie-Hipster-Attitüde nicht übertreibt, finde ich das total legitim.

Genau an dieser Stelle setzten Cereals aus Leipzig den Maßstab an ihre Musik an. Bereits der Name ihrer neuen EP „I Liked Them Before Anyone Else“ untermauert ironisch diesen Anspruch. Die Hypes um Indie und Grunge waren bereits einige Jahre vorbei, nun scheinen sie nicht nur modisch wieder eine Renaissance zu erleben. Im Gegensatz zu vielen anderen Bands, die diese Genres wiederentdecken, atmen Cereals jedoch die gleiche punkig-schmutzige Luft wie einst The Strokes oder The Libertines. Deren frühe Veröffentlichungen waren unüberhörbar ein großer Einfluss auf die Musik des Leipziger Vierers, aber auch Nirvana sowie diverse (Garage) Punk-Bands dürften im Plattenregal der Jungs vertreten sein. Das erste Riff in „Boreout“ erinnert zudem frappierend an „You Really Got Me“ von The Kinks. Textlich beackern Cereals, und hier möchte ich einfach den Promo-Text von Backseat zitieren, den „Wochenendhedonimus der Twentysomethings“. Besser kann man die Sorgen einer Generation, die zwischen Pseudo-Nostalgie und Coming of age hin- und her gerissen ist, nicht beschreiben.

Cereals haben ein Faible für Rock-Musik, die sich quer durch die Jahrzehnte zieht. Zu meiner großen Freude verwurstet das Quartett die jeweiligen Stile aber nicht zu einem lieblosen Brei, sondern zeigt auf gerade einmal sechs Songs, wie sich verschiedene Musikstile im Laufe der Zeit entwickelt haben. Wer die Evolution von Indie, Punk und diversen Subgenres in Kurzform nachvollziehen möchte, erhält mit „I Liked Them Before Anyone Else“ eine einmalige Gelegenheit.

[DIY 2018]