Je länger ich im großen Metalcore-Teich angle, desto eher muss ich feststellen, dass das Genre (entgegen meiner bisherigen Prognosen) mitnichten tot ist – zumindest nicht quantitativ. Gerade mit Blick auf die teils wirklich beachtlichen Outputs diverser Bands gibt Anlass zur Hoffnung, dass sich das Genre wieder von seiner Zeit der Übersättigung und dem daraus resultierenden „Band-Sterben“ wieder erholt.

Eine Band, die diesen Umstand hörbar nutzen will, ist ohne Frage Bury Me Alive. Der Fünfer aus dem österreichischen Feldkirch ist gerade mal ein gutes Jahr im Spiel und wagt einen ambitionierten Spagat: Auf ihrem Debüt „Unexpected Miseries“ haben die Jungs einen Mix aus Metalcore, Synth-Elementen und sogar Pop angekündigt. Was zunächst nach einem Asking Alexandria-Abklatsch klingen könnte, klappt erstaunlich gut. Ich und meine Voreingenommenheit mal wieder. Flankiert von starken Metal-Riffs und Melodien bolzen Bury Me Alive in den richtigen Momenten ordentlich durch, nehmen aber genau dann den Fuß vom Gaspedal, wenn das Geprügel in Malen-nach-Zahlen-Metalcore abzudriften droht. In diesen Momenten kann Sänger Dominik, der hörbare Erfahrung in Sachen Pop gesammelt hat, seine stimmlichen Stärken voll ausspielen. Das mag für einige Hörer*innen teils cheesy klingen, klappt aber für meine Ohren in den allermeisten Fällen ziemlich gut. Die einzige Ausnahme bildet „Forever“, das leider wirklich nur kitschig und cringy ist. Auf den restlichen sieben Songs halten Bury Me Alive allerdings eine gute Balance zwischen Härte und Melodie. Besonders hervorheben möchte ich an dieser Stelle „No Regrets“: Getragen von einem klassischen Metallica-Stampfer-Riff wartet die Band schon fast mit Bezügen zu Emmure auf, um neben einem dicken Moshpart dann im Refrain wie eine lupenreine Pop-Band zu klingen. Wer die Stärken der Österreicher in einem Song präsentiert haben möchte: Here you go.

Diejenigen, die schon eine Weile die Schnauze voll haben von Metalcore, werden Bury Me Alive mit „Unexpected Miseries“ nicht hinter dem Ofen hervorholen, aber das kann auch nicht Anspruch einer so jungen Band sein. Dieser Umstand ist es vielmehr, der die Band für mich interessant macht, schließlich klingt die Platte gerade für ein Erstwerk erstaunlich stimmig und professionell. Wirklich aus der Masse hervorstechen werden Bury Me Alive zwar noch nicht, aber ein großer Schritt in diese Richtung ist bereits getan. Für Fans melodischen Metalcores (die mein Geschreibe hier bitte als unbedingten Tipp verstehen) sowieso.

[Dedication Records/Hopeless World Records 2019]