Revivals sind so eine Sache. Gerade in modischer Hinsicht bringen sie oft längst verloren geglaubte Schrecken wieder. Ich wohne in Berlin, ich weiß also, wovon ich rede. Ich meine hey, Plateauschuhe und Nick Carter-Frisuren, wirklich jetzt? Auch in puncto Musik ist eine Rückbesinnung auf vergangene Jahrzehnte ein schmaler Grad und nicht unerheblich von der jeweiligen Richtung beziehungsweise Subkultur abhängig. Während Millenials anfangen, Nu Metal und Grunge für sich zu entdecken, erkämpft sich eine weitere Bewegung wieder einen Platz in der Musiklandschaft: Midwestern Indie Rock der 90er Jahre. Was in nicht wenigen Fällen schreckliches Recycling altgedienter Bands wie Beck, Weezer und The Lemonheads ist, kann in Einzelfällen auch wirklich gut gelingen.

Und an dieser Stelle kommt Brett Newski ins Spiel. Der US-Amerikaner hat sich längst zu einem Geheimtipp diverser übersättigter Szenen entwickelt und im Februar 2018 bereits Hot Water Music-Legende Chuck Ragan auf Tour begleitet. Keine schlechte Referenz also. Der neue Streich des jungen Musikers trägt den Namen „Life Upside Down“ und knüpft vor allem inhaltlich an den Vorgänger mit dem brillanten Titel „The Worst of Brett Newski: Songs to Sink the American Dream“ an. Angst, Selbstzweifel und die allgemeine Beschissenheit der Dinge sind zentrale Themen des neuen Albums, die Newski zufolge aber positiv und kreativ genutzt werden können, wenn sie denn entsprechend kanalisiert werden. Ein interessanter Gedanke, der gerade für unsichere Menschen durchaus aufmunternd wirken dürfte. Diese optimistische Message verpackt Newski in catchy Songs, die stark an besagte Vorbilder der 90er Jahre erinnern. Nicht nur bei mir dürften sich Erinnerungen an die Kindheit und das elterliche oder gar das eigene Wohnzimmer breit machen. Großer Dank gebührt an dieser Stelle Produzent Hutch Harris (The Thermals) sowie Beau Sorenson (Death Cab for Cutie), welcher die neue Scheibe Newskis aufgenommen hat. Die beiden haben aus „Life Upside Down“ soundtechnisch das Beste herausgeholt.

Schon lange nicht mehr hat mich eine Platte, deren musikalische Ausrichtung nicht in mein primäres Beuteschema passt, so mitgerissen. Dafür ist allerdings nicht nur die bloße Nostalgie, sondern vor allem das Songwriting Brett Newskis verantwortlich. Wer eine eingängige Indie-Platte mit einer Prise Folk und ordentlich Retro-Charakter sucht, wird von „Life Upside Down“ begeistert sein. So muss ein würdevoller Tribut klingen.

[Backseat 2018]