Altgediente Punk-Bands gibt es doch erstaunlich viele, so richtig mitreißen wollten mich aber doch nur ein paar. Zumindest auf sogenannte „Klassiker“ trifft das zu. Mir war ein blindes Abfeiern von genreweisenden Bands irgendwie immer zuwider, was mich des Öfteren in Konflikte mit Szenepolizist*innen brachte. Warum soll es ein Widerspruch sein, beispielsweise die Ramones oder die Misfits persönlich musikalisch überbewertet zu finden, aber ihr Wirken auf ein Genre trotzdem anzuerkennen? Von Sätzen wie „Du kannst kein Punk sein, wenn du nicht Band xy gehört hast“ habe ich vor allem eins gehalten – Abstand.

Bouncing Souls sind zum Glück eine Band, bei denen ich den Kultstatus nicht nur nachvollziehen kann, sondern auch wirklich fühle und teile. Die Urgesteine aus New Jersey punken sich seit 1989 durch die Musiklandschaft und klingen zu keiner Zeit gealtert oder aus der Zeit gefallen. So auch nicht auf ihrem neuen Mini-Album „Crucial Moments“ (sechs Songs, gut fünfzehn Minuten), das in der Diskographie der Band Platz elf einnimmt. Und seien wir ehrlich: Es könnte genauso gut das erste, vierte oder achte Release sein, und ich meine das nicht in dem Sinne, dass Bouncing Souls die AC/DC des Punk Rocks sind und alles gleich klingt. Vielmehr finde ich den Umstand bemerkenswert, wie man nach 30 Jahren Bandgeschichte keine Sekunde älter klingt und immer noch Songs schreibt, die angenehm retro und doch nicht aus der Zeit gefallen wirken. Klare Anspieltipps sind in diesem Fall „4th Avenue“, das frappierend nach alten Pennywise klingt, sowie „Favorite Everything“, das einfach nur (ganz gemäß des Titels) wohlige Nostalgie-Gänsehaut auslöst.

Auch wenn das nach einem abgedroschenen Schenkelklopfer auf Omas Geburtstag klingt: In dieser Verfassung können Bouncing Souls gerne nochmal 30 Jahre weitermachen. Eigentlich ist es passend, dass die Band zu ihrem runden Geburtstag und einer ausgedehnten Tour einen Titel wie „Crucial Moments“ für ihr Mini-Album wählte. Schließlich haben die Ostküsten-Punks nun erneut bewiesen, dass noch lange nicht Schluss ist.

[Rise Records 2019]