Eines muss ich gleich zu Beginn mal festhalten: Akne Kid Joe ist ungefähr der beste Bandname der ganzen Welt. Mein Interesse ist also schon mal geweckt. Dass ich in den letzten Wochen nur Gutes über sie lese und höre, tut da sein Übriges. Und obwohl man bei „Die große Palmöllüge“ denken könnte, dass der Vierer aus Nürnberg hiermit ein reaktionäres Manifest gegen Umwelt- und Klimabewegungen zum Besten gibt, könnte man kaum falscher liegen – denn genau das Gegenteil ist der Fall. Doch wie sich das für eine politische Punk-Band gehört, ist die textliche Palette deutlich breiter: Sei es nun Demogeld der Antifa uG haftungsbeschränkt („What AfD thinks we do…“), Saufen („Unsere Kneipe“) oder der Rassismus eines autoritär verrohten Bürgertums („Was ist eigentlich dein scheiß Problem?!“) – hier ist für jeden Anlass was dabei. Musikalisch – und in diesem Punkt ist „Die große Palmöllüge“ wirklich interessant – bewegen sich Akne Kid Joe zwar auf Pfaden, die Bands wie Kaput Krauts bereits geebnet haben. Dennoch gehen die Nürnberger*innen trotz ihrer direkten Texten etwas ruhiger vor, ohne aber in den richtigen Momenten musikalisch wie textlich auf einen dicken Rotzklumpen zu verzichten. Oder um es in eine knackige Formel zu packen: vierzehn schrammelige Punk-Songs zwischen Kryptik und Parole, die einfach wunderbar funktionieren. Und mit dem Hidden Track „Er darf das“, welcher nur auf CD und Vinyl (mehr oder weniger versteckt) zu finden ist, sind auch endlich mal die Haptik-Fans die Gewinner*innen.
Highlight der Platte ist ohne Frage „Zwischen Thermomix & Webergrill“, weil ein Techno-/Rave-Crossover mit HC Baxxter definitiv der beste Weg ist, das Verhältnis zwischen Punk, Bürgerlichkeit und Älterwerden zu erörtern. Ebenfalls ganz groß: Direkt nach dem Intro stellt sich „Sarah (Frau, auch in ner Band)“ vor und macht zusammen mit Alex Pascow deutlich, was in einer selbsterklärt emanzipatorischen Subkultur wie Punk in puncto Sexismus noch immer ziemlich scheiße läuft. Dass beide Bands live einfach phänomenal zusammen zünden, durfte Tommy bereits vor einem knappen Jahr in Freiburg erleben. Anyway: Akne Kids Joe machen vor, wie man unterhaltsame politische Musik macht, ohne peinlich zu werden. Klare Stream- und mit Blick auf den besagten Hidden Track Kaufpflicht!
[Kidnap Music 2020]