„Wat? Schweizer sind dit? Die hassen uns doch alle! Bei mir jibt’s nur Deutsche. Ick bin ja ultradeutsch.“ Mit diesen Worten setzt sich ein Kerl Mitte Dreißig direkt neben mir einen Schuss, während ihm andere Besucher_innen, die ebenfalls im dunklen Hausflur des Monarch auf Einlass warten, mithilfe einer Smartphone-Taschenlampe assistieren.Typisch Kotti, sagen die einen. Gelebte Solidarität, sagen die anderen. Wie unrecht der Heroin-Konsument mit seiner doch etwas steilen These hat, soll sich im Laufe des Abends herausstellen.
Das Monarch, eine Mischung aus Bar und Club direkt am Kottbusser Tor, ist an diesem Freitag Abend ausverkauft und damit brechend voll. Allein dieser Umstand beweist, welchen Kultstatus sich das Rave-Punk-Duo aus Zürich erarbeitet hat. Gleichzeitig ist der Anlass, weshalb sich so viele Menschen versammelt haben, jedoch auch ein trauriger. Nach 16 Jahren hören die Schweizer, die prägend für diverse Audiolith-Labelkollegen wie Egotronic, Supershirt oder Frittenbude waren, auf und verabschieden sich unter dem Motto „Nie wieder Saalschutz“ mit einer kleinen Tour. Dass dieser Abschied ein gebührender wird, sollte ich an dieser Stelle eigentlich nicht erwähnen müssen. Die Stimmung ist ausgelassen, was aber bei all den knarzenden Bässen und elektronischen Spielereien des Duos kein Wunder ist. Neben Klassikern wie „Saalschutz den ganzen Tag“ oder „Richtige Deejays“ geben die Herren auch Bretter vom letzten Album „Nichtsnutz“ zum Besten. Bei „Und alle so yeah“ setzt sich die Ekstase im Publikum durch und selbst in den hintersten Reihen bewegen sich die Leute zum Wummern der Bässe. Gänsehaut!
Doch leider ist auch das schönste Konzert irgendwann zu Ende, auch wenn Saalschutz mit zahlreichen Zugaben diese Phrase zu widerlegen versuchen. Dafür werden sie von ihren Fans frenetisch gefeiert. Das Tourmotto „Nie wieder Saalschutz“ weicht kurzerhand der allseits beliebten Parole „Nie wieder Deutschland“. Typisch Audiolith eben. Eine weitere nette Geste an die Fans: Sämtliche Produkte aus der Saalschutz-Kollektion sowie diverse Platten und CDs sind vor Ort für schmales Geld zu erwerben.
Eine in ihrem Genre wegweisende Band zieht sich zurück und hinterlässt dabei mit Sicherheit eine Lücke. Ihrem Anspruch „Ravepunk für eine bessere Welt“ sind sie in den 16 Jahren ihres Bestehens auf jeden Fall treu geblieben, besonders an diesem Abend. Und haben damit die Worte des selbsternannten „Ultradeutschen“ zweifellos widerlegt.